Ein Labor für die Integration
Euskirchen | Das DRK im Kreis Euskirchen feierte zehn Jahre Integrationsagentur – Durch Experimentieren entstehen immer wieder neue, wertvolle Projekte für das gute Zusammenleben der Kulturen – Wichtige Aufgabe darüber hinaus: Netzwerk- und Informationsarbeit
Euskirchen – Zwei Pinnwände voller Zeitungsartikeln, Bildern, Flyern und Plakaten stechen im Garten des Café Henry ins Auge. Sabine Sistig schaut sich die Ausschnitte aus zehn Jahren Arbeit der DRK-Integrationsagentur interessiert an. „Ich kann mich genau erinnern, wie wir vor zehn Jahren dahinten an dem Tisch gesessen und über die Zusammenarbeit beraten haben“, sagt die Leiterin des Kommunalen Bildungs- und Integrationszentrums (KoBIZ) des Kreises Euskirchen.
Sabine Sistig ist daher gerne zur Feierstunde ins Café Henry gekommen, um mit dem gesamten DRK-Team das zehnjährige Bestehen der Integrationsagentur zu feiern. Etwas später, sie hat noch einen weiteren Blick auf die Pinnwände voller Erfolgsgeschichten geworfen, ergänzt sie im Brustton der Überzeugung: „Das macht mich richtig stolz für das DRK.“
Über solch eine Aussage dürfte sich das fünfköpfige Team der Integrationsagentur sehr freuen. Lob und Anerkennung war den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch von Rolf Klöcker gewiss, der sich sehr herzlich für die super Arbeit der vergangenen Jahre bedankte. „Ich danke auch den diversen Kooperationspartnern für die erfolgreiche Zusammenarbeit“, betonte der Kreisgeschäftsführer des DRK in seinem Grußwort.
„Richtig tolle Arbeit“
Er freute sich, dass auch Dr. Inara Stürckow González den Weg nach Euskirchen gefunden hatte – sogar an ihrem freien Tag. Doch der Referatsleiterin Migration & Integration im DRK Landesverband Nordrhein war es wichtig, diesen Geburtstag mitzufeiern. „Unsere Integrationsagenturen machen über das ganze Land verteilt richtig tolle Arbeit, daher wollte ich auch unbedingt den Euskirchener Kolleginnen und Kollegen gratulieren“, so Dr. Inara Stürckow González.
Aber was ist das eigentlich für eine Arbeit? „Es geht um Projekte, um Netzwerke und um Information“, erläuterte Boris Brandhoff. Er ist nicht nur Leiter des Teams Migration / Integration beim DRK im Kreis Euskirchen, sondern seit 2018 auch Chef der Integrationsagentur. Damals hat er die Aufgabe von Barbara Fischer übernommen, die die Agentur seit der Gründung 2013 geleitet hatte.
Zunächst habe ein Schwerpunkt darauf gelegen, ehrenamtliches Engagement in der Geflüchtetenhilfe zu unterstützen und zu stärken, so Boris Brandhoff weiter. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Das aus Landesmitteln geförderte Konzept sollte sich über die Jahre als eine wichtige Säule in der Integrationsarbeit etablieren.
Viele Freiheiten
Neben einem gut aufgestellten Netzwerk geht es vor allem darum, Projekte umzusetzen. „Das Schöne an dieser Arbeit ist, dass wir sehr viele Freiheiten haben“, betont Boris Brandhoff. Basis dafür ist immer eine Sozialraumanalyse, die alle zwei Jahre fortgeschrieben wird.
„So können wir unsere Arbeit immer sehr flexibel und wirkungsvoll an die Bedarfe vor Ort anpassen und die Schwerpunkte dort setzen, wo wir sie für sinnvoll erachten“, so der Leiter des Teams Migration / Integration. Für ihn ist die Integrationsagentur damit auch so etwas „wie ein Laboratorium, in dem wir immer wieder neue Ideen ausprobieren können“. So entstünde diese Vielfalt an guten Ideen und Projekten.
Dazu zählen zum Beispiel „Ferien Intensiv Training – FIT in Deutsch" für zugewanderte Kinder, bei denen sie spielerisch Deutsch lernen. Es gibt die überaus erfolgreiche Aktion „Koch mit uns um die Welt“, wo Gastköche mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine kulinarische Reise in ihre Heimatländer unternehmen. „Wir wollen aber auch Aufklärungs- und Informationsarbeit leisten“, sagt Thomas Weber, Mitarbeiter der Integrationsagentur.
So habe es zuletzt eine Bürger-Info in Marmagen gegeben. „Dort haben wir zunächst allgemein das Aufnahmesystem in Deutschland erläutert. Zudem haben wir über den Lebensalltag in der Notunterkunft in der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik berichtet und ganz viele Fragen beantwortet“, so Thomas Weber, der gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen immer dafür sorgen möchte, dass die Kulturen voneinander lernen und sich trauen, sich in die Perspektive oder Lebenswirklichkeit des jeweils anderen hineinzuversetzen.
„Mensch, Respekt!“
Ein Baustein dazu ist auch die Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit, die zur Integrationsagentur gehört. DRK-Mitarbeiterin Judith Raß berät einerseits Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind. „Oft wissen die Betroffenen gar nicht, welche Rechte sie haben“, so Judith Raß. Andererseits möchte sie über Bildungsarbeit Menschen zum Beispiel für Diskriminierung am Arbeitsmarkt oder institutionelle Diskriminierung sensibilisieren.
Im Projekt „Mensch, Respekt! Für Fairness und Menschlichkeit im Kreis Euskirchen“ werden eben solche Maßnahmen zur Prävention von Diskriminierung und Rassismus über Bildungs-, Gruppen-, Kunst- und Begegnungsangebote zusammengefasst.
Ein weiteres Projekt der Integrationsagentur trägt den Titel „Willkommen: Starke Netzwerke für Geflüchtete aus der Ukraine“ und setzt in den Städten und Gemeinden des Kreises Euskirchen Begegnungs-, Sprach- und Unterstützungsangebote für geflüchtete Menschen aus der Ukraine um.
Dieses und all die anderen Projekte stehen genau für diese Vielfalt, die in diesem wundervollen Labor, das sich Integrationsagentur nennt, entsteht. Dass damit nach zehn Jahren Schluss sein könnte, damit ist definitiv nicht zu rechnen. Während der Geburtstagsfeier im Café Henry war jedenfalls ganz viel gute Stimmung und positive Energie zu spüren. So erscheint es als sehr wahrscheinlich, dass in Zukunft noch ganz viele Zeitungsartikel, Bilder, Flyer und Plakate entstehen werden, die in fünf oder zehn Jahren noch mehr Pinnwände füllen können.
Die Integrationsagentur des DRK Kreisverbands Euskirchen wird gefördert aus Mitteln des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MKJFGFI).
pp/Agentur ProfiPress