Euskirchen - 25 Jahre live für den Kreis
„Radio Euskirchen“ wird 25 Jahre jung – Chefredakteur Norbert Jeub, Susanne Edl und Annika Deist erinnern sich im Gespräch – Rund ein Drittel der Menschen im Sendegebiet hören täglich rein – Von „Tag Eins“ an Lokales aus Euenheim
Euskirchen-Euenheim/Mechernich – „Radio ist ganz einfach“, stellt Chefredakteur Nobert Jeub im Pressegespräch zu 25 Jahren „Radio Euskirchen“ in der Euenheimer Redaktion klar: „Nämlich live!“ Da läuft es manchmal wie am Schnürchen, manchmal „nur“ rund, mitunter eiert man auch ein wenig rum, aber unter dem Strich ist dieses Lokalradio lange und erfolgreich auf Sendung. „Radio Euskirchen“ ist in 25 Jahren eine Institution im Kreis geworden. Nur ausgesprochen selten werden Sendungen aufgezeichnet.
„Radio Euskirchen“ ist Teil eines privaten Netzwerkprogramms, das sich über ganz NRW erstreckt. Dazu zählen auch Sender wie „Radio Köln“ oder „Radio Rur“ in Düren. Obwohl die insgesamt 45 Sender in Kreisen und kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens stets mit der Zentrale in Oberhausen, „Radio NRW“, in Verbindung stehen, machen alle vor Ort mit eigenständigen Redaktionen und eigenen Chefradakteuren eigene Programme.
Zumindest stundenweise während der Primetime 6 bis 10 Uhr morgens. Danach werden tagsüber jede Stunde zur halben Stunde lokale Nachrichten ausgestrahlt. Andere Lokalsender haben zum Teil andere Sendezeiten. Im Rahmen des Kooperationsvertrages werden alle Sender in der übrigen Zeit mit einem Rahmenprogramm versorgt, vor allem mit viel Musik und überregionalen Nachrichten. Wenn zwischen Ville und Venn etwas Bedeutsames geschieht, schaltet sich das Euenheimer Studio auch ins NRW-weite Programm mit ein.
Neben Chefredakteur Norbert Jeub stellten sich auch Susanne Edl, die schon 24 von 25 Jahren dabei ist, und die Freie Mitarbeiterin und Nachrichtensprecherin Annika Deist den Reporterfragen zum 25jährigen Jubiläum. Zwischenresümee: Es macht den Beteiligten schon und immer noch Spaß, lokales Radio für Eifel und Börde zu machen. Mit hohem Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad: Ein Drittel der Kreisbürger hört täglich, die Hälfte sporadisch Radio Euskirchen. Damit ist der kleine Euenheimer Sender im Hörergeschmack der Größte. „Darauf sind wir sehr stolz“, so der Chefredakteur.
„Teil des Alltags“
Am 31. August 1997, dem Todestag von Lady Diana in Paris, ging Radio Euskirchen als Erzeugnis der „Veranstaltergemeinschaft für Lokalfunk im Kreis Euskirchen“ unter dem damaligen Vorsitzenden Dr. Alois Sommer als letzte Lokalstation in NRW auf Sendung. „Ein denkbar ungünstiger Moment“, erinnert sich Norbert Jeub, der als ehemaliger „Chef vom Dienst“ (CvD) von „Radio Bonn“ in den Kreis Euskirchen gekommen war.
„Alles war auf Jubel und Freude über den Start von »Radio Euskirchen« programmiert – und nun das: Alle Welt trauerte um Lady Di, wir auch…“ Aller Tristesse der ersten Sendestunden zum Trotz ist der Rest fast eine pausenlose Erfolgsgeschichte, 25 Jahre lang, bis heute! Auch das Studio ist noch heute dort zu finden, wo es schon damals stand: in einem Nebentrakt des Berufsbildungszentrums (BZE) in Euskirchen-Euenheim.
Nobert Jeub: „Damals entstanden nach einem Beschluss des Landtages Ende der 80er Jahre aus dem Netzwerk immer mehr lokale Radiostationen in den großen Städten und Kreisen von NRW. Er selbst musste, nachdem er sich erfolgreich auf den Posten des Chefredakteurs in Euskirchen beworben hatte, erst einmal das Sendegebiet kennenlernen und fürs neue Medium erschließen.
Jeub: „Ich will nicht behaupten, dass ich jedes Dorf und jeden Weiler kenne, aber ich habe mir schon damals einen ziemlich guten Überblick über alle elf Kommunen verschafft!“ Das hieß: Viel durch die Gegend fahren und möglichst alles über den Kreis Euskirchen lernen. Zusammen mit einem frischgebackenen Volontär, Sebastian Tittelbach, ging es dann 1997 auf Sendung.
Anfangs geschah das „nur“ mit zwei Stunden Programm am Tag. Dies beschränkte sich erst auf den Nachmittag, bevor man es schließlich auf morgens, die Radio-„Prime-Time“, verlegte. Im Jahr 1998 kam Susanne Edl dazu. Was sich Chefredakteur Norbert Jeub bei der Eröffnung des Senders in Euenheim wünschte, ist in Erfüllung gegangen: Er wolle es schaffen, dass „Radio Euskirchen ein Teil des Alltags der Menschen“ im Kreis wird. Jeub: „Da können wir einen grünen Haken hinter machen!“
Einen besonderen Reiz macht es für Susanne Edl und ihren Chef aus, dass sie in verschiedenen Aufgabenbereichen, sei es im Studio oder auf der Straße, ständig mit eingebunden sind. „In so einem kleinen Team muss jeder alles können“, so Susanne Edl: „Der unmittelbare Kontakt zu den Hörern ist das Beste an dem Job!“
Was rausgeht, muss stimmen
Von montags bis freitags von 6 bis 10 Uhr ist „Radio Euskirchen“ mit eigenem Lokalprogramm samt eigenem Moderator auf Sendung. Oberste Regel: „Wir haben den Ehrgeiz, schnell zu sein, aber das, was wir rausgeben, muss auch zu 100 Prozent stimmen.“ Da stehe die Qualität der Nachrichten ganz deutlich über der Geschwindigkeit, so Chefradakteur Norbert Jeub.
Der Sender besitzt auch einen „Knopf“, um schnell während des laufenden Rahmenprogramms umschalten und so lokale Ereignisse im Notfall direkt verkünden zu können. „Das passiert selten“, so der Chefredakteur: Zum Beispiel während der Flut 2021 oder als die Explosion einer Fliegerbombe in der Euskirchener City einen Baggerfahrer tötete.“
Auch den Internetauftritt sowie die zugehörigen Social-Media-Kanäle versorgen die Redakteure und Mitarbeiter selbst. Allround-Journalisten wie Susanne Edl, Nachrichtensprecherin Annika Deistl und Norbert Jeub nennt man im Jargon der Branche „Eier legende Wollmilchsäue“. Und das ist ein Kompliment, denn es sagt aus: Hier sind Experten am Start, die ihren Beruf aus dem Effeff beherrschen, in allen Spielarten abbilden können und dennoch „nahe“ am Leser oder Hörer sind.
Die kleine Redaktion, meistens bestehend aus drei bis vier Redakteuren, empfängt nicht nur Nachrichten vom landesweiten Netzwerk, sondern speist auch welche ein. Zum Zeitpunkt der Flut versorgten sie auch das landesweite Rahmenprogramm mit aktuellen Informationen aus den betroffenen Gebieten an Erft, Urft und Olef.
Momentan arbeitet die feste Crew von Angestellten mit sieben freischaffenden Mitarbeitern, die auf bestimmte Aufgaben wie beispielsweise Moderation spezialisiert sind. Sie wechseln auch zwischen den Studioplätzen und sind für verschiedene Lokalradios tätig.
Kontrolliert wird Radio Euskirchen von einer Art Rundfunkrat, der sogenannten Veranstaltergemeinschaft, deren Vorsitz momentan Monika Schiffer von der Verbraucherzentrale NRW in Euskirchen innehat. Dieser Vereinigung von Vertretern gesellschaftsrelevanter Gruppen hat die eigentliche Sendelizenz, ist Arbeitgeber der Redaktion und hat damit eine wichtige Kontrollfunktion. In der Praxis muss das Gremium aber nie eingreifen, weil sich die Redakteure selbst der journalistischen Ethik verpflichtet fühlen und Ausgewogenheit walten lassen.
Das Besondere: Radio Euskirchen wird nicht über Gebühren finanziert, sondern über Werbespots, und muss dem Kreis Euskirchen als Teilhaber 25 Prozent der Einnahmen abgeben. Norbert Jeub: „Trotz allem ist der Sender in dem Sinne »unabhängig« und wird in seinen Inhalten von wirtschaftlicher Seite in keiner Weise beeinflusst.“
Annika Deist, die demnächst als Volontärin von Euenheim zu „Radio Berg“ in Bergisch-Gladbach wechselt: „Für mich gab es keinen besseren Einstieg als bei »Radio Euskirchen«. Die Leute waren unglaublich lieb, die Arbeit hat Spaß gemacht, mir wurde früh Vertrauen geschenkt und dass man so nah am Hörer ist, macht es noch viel besser.“
Deist moderiert mittlerweile öfter die Nachrichten, hat als Praktikantin dort begonnen. Die ersten Male Moderation seien dabei „pulsmäßig am Anschlag“ gewesen, doch sei sie daran gewachsen und wisse die Verantwortung, die ihr dabei zu Teil wird, sehr zu schätzen.
Helfer in der Not
Während der Pandemie wurde „Radio Euskirchen“ Helfer in der Not und nebenbei „Corona“-Hotline“. Susanne Edl: „Was die Hörer nicht wussten, das haben wir für sie recherchiert und über den Äther verbreitet, damit es alle mitbekamen…“
In der Flutnacht auf den 15. Juli 2021 suchte ein älteres Ehepaar, dessen Haus bereits unter Wasser stand, sogar körperlich Zuflucht im Euenheimer Studio. „Wir waren die Nacht über ja hier. Das ist zwar nicht unsere Aufgabe, doch das war für uns selbstverständlich“, so Norbert Jeub. „Der Veybach stand schon auf dem Grundstück, aber wir haben weitergesendet“, erinnert sich Susanne Edl.
Es meldeten sich Leute, die Verwandte vermissten oder sich über die Lage in einzelnen Teilen des Kreises informieren wollten. „Da riefen welche an, in der Euskirchener Innenstadt klammere sich jemand an ein Verkehrsschild und niemand könne helfen“, so Norbert Jeub. Er rannte aus dem Studio zu einem Feuerwehrmann, der in Euenheim eingesetzt war und der beorderte über Funk Hilfe zu dem armen Menschen in Innenstadt.
„Die schiere Menge der Hilfesuchenden hat uns überrascht“, so der Chef von „Radio Euskirchen“: Man gab pausenlos Sondermeldungen heraus. Bis kurz vor halb zwölf in der Nacht gaben sie ihr Bestes, dann fielen die Leitungen zu den Sendemasten aus. Erst 20 Stunden später konnte „Radio Euskirchen“ wieder auf Sendung gehen.
Von Hochseilen und Weltrekorden
„Das Beste sind immer die Begegnungen mit Menschen, die vielen kleinen und persönlichen Dinge, weniger Großveranstaltungen oder Ähnliches“, so Norbert Jeub. Susanne Edl erinnert sich aber auch an Spektakuläres: „Beim »Jahrmarkt Anno Dazumal« im Kommerner Freilichtmuseum hängte ich mich unter ein Hochseil-Motorrad der Artistenfamilie »Geschwister Weisheit« und berichtete. Das war einfach der Wahnsinn…“
Unvergessen sind auch die vielen Sendungen, in denen Norbert Jeub, Susanne Edl und Moderatorenkollegen „Menschen des Jahres“ vorstellten. Das Format lebt weniger von Lokalprominenz, als von ganz normalen Menschen, die im Verlauf des vergangenen Jahres Außergewöhnliches geschaffen oder erlebt haben. Am Jahrestag der Flut produzierte „Radio Euskirchen“ mit der lokalen Rheinischen Redaktionsgemeinschaft einen Video-Livestream aus Gemünd, in dem Flutopfer, -helfer und „Offizielle“ zu Wort kamen.
„Versprecher übergeht man – oder man muss neu ansetzen“, verriet Annika Deist im Pressegespräch. Ihren folgeschwersten Versprecher platzierte Susanne Edl im Programm, als sie eine Meldung absetzte, wonach „FC-Karten“ gestohlen worden seien. In Wirklichkeit handelte es sich um „EC-Karten“, was weit weniger schlimm gewesen sein musste. Denn der vermeintliche Diebstahl der Tickets fürs Müngersdorfer Stadion empörte die Fans der Geißböcke auch unter den Kollegen. Wegen des kleinen Buchstabentauschs gab es ein selten dagewesenes Hörerecho – und die Kollegen ziehen die Redakteurin bis heute damit auf.
Größere Pannen sind bis heute ausgeblieben, wenn man von einem qualmenden Mischpult absieht, das den Moderator vom Dienst nicht davon abhalten konnte, seine Nachrichtensendung ordnungsgemäß zu Ende zu bringen, bevor er den Stecker zog…
Mit der Zeit hat sich die Musik verändert, hin zu allgemein bekannter Popmusik. Auch wechselte man im Laufe der Jahre von „Sie“ in eine etwas persönlicher Anrede, das kollektive „Ihr“. Denn das Publikum ist generationenübergreifend, von 14 bis 100 Jahren sind alle vertreten, die man im Programm unter einen Hut bringen muss. So begann man auch damit, WhatsApp-Sprachnachrichten in die Sendungen als O-Töne der Kreisbewohner einzubauen.
Norbert Jeub: „»Radio Euskirchen« ist übrigens das einzige Medium, das den gesamten Kreis, von Nord nach Süd, in der Medienlandschaft vertritt. Man kann also mittlerweile davon sprechen, dass der Sender hier ein »identitätsstiftendes Element« ist.“
Fünfmal haben die Redakteure in Euenheim den „LfM NRW Hörfunkpreis“ bekommen (drei Mal den Vollpreis, zwei Mal den Anerkennungspreis) sowie einmal den „Journalistenpreis“ der „AWO-Mittelrhein“ und den „DuMont-Journalistenpreis“. Hinzu kommt das „Radiosiegel“, das die Redaktion als gut Volontärs-Ausbilderin (zum Redakteur) ausweist.
Auf die nächsten 25 Jahre
Die Schnelllebigkeit der heutigen Zeit stellt Norbert Jeubs kleine Mannschaft nicht selten vor Herausforderungen, doch arbeiten die Vollblutjournalisten von „Radio EU“ immer am Puls der Zeit. So machen sie seit Jahren bereits Nachrichten parallel auf Social-Media und bedienen sich weiterer digitaler Methoden.
Das Pressegespräch „25 Jahre Radio Euskirchen“ endete natürlich mit dem „Blick in die Zukunft“, den keiner in der Branche gerne tun mag, weil das meiste unkalkulierbar ist. Norbert Jeub: „In Zukunft sind keine weiteren, großen Veränderungen geplant…“ Aber da sich die Medienlandschaft immer weiter und immer schneller verändere, bleibe man zwangsläufig am Ball, um auch weiterhin den besten Hörerservice bieten zu können. Bereits für den Herbst ist eine Überraschung geplant… Auf die nächsten 25 Jahre „Radio Euskirchen“!
pp/Agentur ProfiPress