Euskirchen - Mit Marte Meo das Gute im Kind entdecken
In den Rotkreuz-Kindergärten bewährt sich die Methode im Alltag – Erziehungsfähigkeit wird gestärkt – Das Rote Kreuz als Träger von 30 Kindertagesstätten im Kreis Euskirchen investiert viel Geld in die Fortbildung seiner Mitarbeiterinnen
Euskirchen - Mit insgesamt 30 Einrichtungen ist der Rotkreuz-Kreisverband Euskirchen der größte Träger für Kindertageseinrichtungen im Kreis Euskirchen. „Als solcher legen wir großen Wert auf die Qualität der Betreuung und investieren dafür viel Geld in die Fortbildung unserer Erzieherinnen“, betont Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker.
So ist beispielsweise die Sprachförderung Standard in allen DRK-Kindergärten. Zudem haben zahlreiche Einrichtungen die Zertifizierung zum „Haus der kleinen Forscher“ erworben und engagieren sich damit nachweislich für die naturwissenschaftliche, mathematische und technische Bildung der Kinder.
Seit neuem wird in den Rotkreuz-Kindergärten Marte Meo angewendet. „Dabei handelt es sich um eine videogestützte Beratungsmethode, die sehr schnell zu positiven Veränderungen im alltäglichen Miteinander führt“, erklärten die Erzieherinnen Ingrid Graefenstein und Manuela Link im Rahmen einer Pressekonferenz im Euskirchener Rotkreuz-Zentrum. Beide sind Marte-Meo-Therapeutinnen und –Supervisorinnen, betreiben in Bürvenich das Marte-Meo-Institut NRW und haben in den vergangenen drei Jahren in den Rotkreuz-Kitas im Kreis Euskirchen 31 Marte-Meo-Praktikerinnen sowie 15 Marte-Meo-Therapeutinnen ausgebildet.
„In unserer Einrichtung in Schönau sind alle Mitarbeiterinnen in Marte Meo geschult“, sagte Trudi Baum, Leiterin der DRK-Kita in Schönau und Sprecherin der aktiven Erzieher im Kreis Euskirchen, die selbst restlos überzeugt ist von der Methode: „Sie verbessert die Erziehungsfähigkeit der Eltern, ebenso die Teamfähigkeit der Mitarbeiterinnen untereinander und schult den positiven Blick auf das Kind, und das schon in kurzer Zeit“, hebt sie die Vorzüge hervor.
In der Praxis sieht das so aus, dass von einer alltäglichen Situation eine kurze Videosequenz aufgezeichnet wird. Beim anschließenden Gespräch steht im Vordergrund, Stärken zu erkennen und hervorzuheben und nicht etwa der Fingerzeig auf unerwünschtes oder problematisches Verhalten. Denn Letzteres, so erläuterte Manuela Link, sei sehr häufig die Reaktion des Kindes auf das Verhalten der Eltern. Der Blick auf das Positive hingegen soll Erziehende befähigen, ihre Kommunikation zu verbessern und Erziehungsprobleme aktiv zu beseitigen.
„Beim Auswertungsgespräch erleben wir es oft, dass Eltern oder auch Kinder erstaunt sind, dass sie überhaupt etwas richtig machen“, erzählte Ingrid Graefenstein. Zu eingeschliffen sei häufig schon der Blick auf das, was nicht richtig laufe. Die Methode Marte Meo hingegen bediene sich der Macht der positiven Bilder.
„Das ist keine Kuschel-Pädagogik“, betonten alle Beteiligten. Vielmehr entstehe durch eine positive Grundhaltung ein neuer Blick auf bekannte Situationen. „Ihr könnt es selbst verändern“ – so laute die Botschaft an die Eltern, die vor der Supervision oft keine Idee hätten, wie sie es anders machen könnten. Sich verändernde Familiensituationen seien ein Grund, warum es zu Problemen mit der Kommunikation kommen kann.
„Wir haben außerordentlich viele positive Rückmeldungen der Eltern“, freute sich Trudi Baum, „und auch die Erzieherinnen selbst begeistern sich für die Methode.“ Die Erzieherinnen, die zur Zertifikatsübergabe ins Rotkreuz-Zentrum gekommen waren, zeigten sich ausnahmslos sehr angetan von ihren Erfahrungen mit Marte Meo. Wie eine Mitarbeiterin berichtete, sei die Methode unter anderem in der mitunter schwierigen Eingewöhnungsphase für Kindergarten-Neulinge eine große Hilfe. Eine Kollegin schilderte die Vorbildfunktion der Erzieherinnen auch bei der Anwendung der Marte Meo-Methode: „Wir beobachten, dass auch die Kinder diese positive Art der Kommunikation übernehmen.“
Während ihrer Ausbildung zur Praktikerin filmten sich die Rotkreuz-Erzieherinnen mindestens dreimal, mit wechselnden Arbeitsaufträgen. Bei der anschließenden Supervision durch Manuela Link und Ingrid Graefenstein wurde dann darauf geachtet, ob sie die gewünschten Kompetenzen entwickelt hatten. „Dafür opferten die Erzieherinnen jeweils einen kompletten Samstag“, so Link. Drei Monate dauert die Ausbildung zum Praktiker, die Ausbildung zum Therapeuten nach Marte Meo hingegen anderthalb Jahre. „Die Ausbildung war für die Erzieherinnen mit hohem Aufwand verbunden“, sagte Klöcker und lobte die anwesenden Damen ausdrücklich dafür, viel Freizeit geopfert zu haben.
Manuela Link und Ingrid Graefenstein lernten die Methode und auch ihre „Erfinderin“, die Niederländerin Maria Aarts, während einer Fortbildung kennen. Aarts entwickelte Marte Meo („aus eigener Kraft“) in den späten 1970-er und den frühen 1980-er Jahren, weil es Eltern und Erziehern schwer fiel, die oft abstrakte Fachsprache der Pädagogen zu verstehen. Daraufhin entstand bei ihr die Idee der Videoaufzeichnung alltäglicher Situationen zwischen Erziehenden und Kind mit dem anschließenden Gespräch. Zu Graefensteins und Links Klienten zählen nicht nur pädagogische Fachkräfte. „Wir haben auch schon einen Metzger, einen Forstwirt, eine Friseuse und Ärzte geschult, die ihre kommunikativen Fähigkeiten verbessern wollten“, berichteten die beiden.
Dass das Rote Kreuz weder die Kosten noch den Aufwand für die Qualitätsverbesserung durch Marte Meo scheut, finden die beiden Fachfrauen bemerkenswert: „Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Träger so dahinter steht.“ Wie Klöcker mitteilte, sei geplant, Marte Meo flächendeckend in allen Rotkreuz-Kindertagesstätten einzuführen. „Der Gedanke dahinter, bei den Stärken der Kinder anzusetzen, hat auch mich begeistert“, begründete der Kreisgeschäftsführer, warum das Rote Kreuz als Träger viel Geld für die Fortbildung seiner Mitarbeiterinnen in die Hand genommen habe.
pp/Agentur ProfiPress