Kall - Wilde Jam-Session zum Geburtstag
Das Begegnungscafé der Kaller Flüchtlingshilfe besteht seit drei Jahren – Jugendrotkreuz schminkte Kinder - Geflüchtete Frauen richteten ergreifende Worte an die Besucher – Üppiges internationales Buffet
Kall – Wenn der Bürgermeister und sein Vertreter Teil einer Jam-Session sind, wenn Stühle und Tische herangeschafft werden müssen, weil mehr Menschen gekommen sind, als gedacht, wenn die gute Laune überschwappt und man ausnahmslos strahlende, stellenweise von Mitgliedern des Jugendrotkreuz verzierte Gesichter sieht, dann kann man von einem gelungenen dritten Geburtstag des Begegnungscafés der Kaller Flüchtlingshilfe sprechen.
Weit mehr als 100 Menschen waren ins Pfarrheim St. Nikolaus gekommen, um bei einem üppigen Frühstück miteinander zu sprechen, sich kennenzulernen und Bekannte zu treffen. Denn aus den neuen Nachbarn, wie die Geflüchteten bezeichnet werden, sind längst alte Freunde geworden, ganz so, wie es sich die Initiatoren Dorothea Muysers und Hartmut Kieven damals gewünscht hatten.
Und weil man nur ungern mit leeren Händen kommt, haben viele Besucher leckeres Essen mitgebracht. Von Kirschkuchen und Brownies über Dicke Bohnen bis hin zu Speisen aus der Heimat der Geflüchteten. Und Gertrud Schütten vom Helferteam des Begegnungscafés hatte eine mit bunten Schmetterlingen, Sternen und Smarties überzogene Geburtstagstorte gebacken. Organisiert hatte das internationale Buffet Miguelina Drath.
Zu Beginn der Veranstaltung mussten sich alle Hungrigen aber noch etwas gedulden, denn Reiner Klein, Leiter der internationalen Rhythmusgruppe Kalimba, ließ seine Musiker zunächst ordentlich trommeln und bezog auch einige Besucher und Ehrengäste mit ein. So hatten Bürgermeister Hermann-Josef Esser, dessen allgemeiner Vertreter Michael Heller und der Flüchtlingsbeauftragte Paul Neufeld selbst plötzlich Percussions-Instrumente in den Händen und machten mit, während Prathap Mohan Kumar, der beim Begegnungscafé Kopf- und Schultermassagen anbot, mittanzte.
Neuer Termin nach dem Umzug
„Was wir heute sehen, haben wir alle gemeinsam geschafft“, sagte Bürgermeister Esser in seiner Ansprache und meinte damit die Geflüchteten, die Gemeinde und die Flüchtlingshilfe. Er dankte nicht nur den Unterstützern und dem Team um Waltraud Tümmler, das wieder seit 8 Uhr im Pfarrheim wirbelte, sondern ließ kurz die Erfolgsgeschichte Revue passieren. „Aus dem anfänglichen Willkommenscafé ist ein langfristiges Begegnungsangebot geworden“, sagte er. Er wies auch darauf hin, dass der Termin freitagmorgens um 9.30 Uhr vielleicht schon ab Herbst, nach dem Umzug ins Haus der Begegnung, donnerstags um 16 Uhr beginnt.
Ergreifend waren die Worte, die fünf Frauen, die in den vergangenen Monat den Deutschkursus für Mütter mit Kindern von Snezana Werner in der Hauptschule besucht hatten, an die Besucher richteten. Ebaa (26) aus Syrien hatte zunächst schlechte Erfahrungen gemacht. „Bei einigen Leuten sind wir nicht willkommen“, hat sie festgestellt. Umso glücklicher ist sie, dass sie in Kall lebt: Ihr Mann macht eine Ausbildung, ihre Tochter besucht bald den Kindergarten, sie selbst bildet sich fort.
Rana (29) erinnert sich an ihre Heimat Syrien. „Es war ein schönes Land, in dem jeder die Chance hatte, seine Träume zu verwirklichen. Doch dann kam der Krieg dazwischen.“ Sie und viele Syrer hätten das Land verlassen, um ihn Frieden zu leben. „Ich will mir hier ein Leben aufbauen und hoffe, dass wir hier die Chance haben, unsere Träume zu verwirklichen.“ Rania aus dem Iran brachte ihre Freude zum Ausdruck, in Kall so nette Leute kennengelernt zu haben.
Ayat berichtet vom Krieg vor der Haustür in Syrien. „Menschen wurden umgebracht, sie wurden auf der Straße erschossen.“ Auch sie und ihre Familie wollen in Deutschland etwas aufbauen. Ähnliches hat Farsehne erlebt. „Ich hatte Angst um meine Kinder im Krieg. Hier leben sie in Sicherheit und sind glücklich.“ Der Iraner Hassan Deldjouye Shahir, der in Schleiden lebt, vor 55 Jahren nach Deutschland kam und in der Flüchtlingshilfe aktiv ist, hofft auf ein baldiges Ende des Krieges. „Wenn der Krieg in Syrien vorbei ist, möchte ich als Ingenieur das Land wieder aufbauen“, sagte er.
Nach diesem offiziellen Teil begann der Ansturm auf das internationale Buffet. Auf dem Tisch waren diesmal auch Rezepte ausgelegt, damit jeder die Mahlzeiten nachkochen konnte. Für die jüngeren Gäste hatte der Jugendbus „Linie Zwo“ der Regionalstelle Eifel im Bistum Aachen auf dem Parkplatz vor dem Pfarrheim Halt gemacht und bot allerlei zum Spielen. Mitglieder des Jugendrotkreuzes schminkten außerdem Kinder.
pp/Agentur ProfiPress