Kreis Euskirchen - Hilfestellung bei Diskriminierung
Das Rote Kreuz im Kreis Euskirchen hat eine neue Servicestelle eingerichtet – Zielgruppe sind Menschen, die wegen Herkunft, Hautfarbe, Sprache und sonstiger Merkmale ausgegrenzt werden
Euskirchen/Kall – Der Rotkreuz-Kreisverband Euskirchen schließt eine regionale Lücke, und das über die Kreisgrenzen hinaus: Zum 1. Oktober ist die DRK-Integrationsagentur um eine Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit erweitert worden. Bisher mussten Menschen, die Unterstützung in diesem Bereich benötigten, bis Aachen, Köln oder Düsseldorf fahren, jetzt geht das auch im Mehrgenerationenhaus in Euskirchen und im Haus der Begegnung in Kall. „Ich bin sehr glücklich, dass die Integrationsagentur um einen weiteren Baustein reicher geworden ist“, drückt es DRK-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker aus.
Möglich wurde das durch eine zunächst bis Ende 2022 zugesagte Förderung aus dem NRW-Landesprogramm „Integrationsagenturen für die Belange von Menschen mit Migrationshintergrund“. Damit wird ein Großteil der Personalkosten für die beiden Teammitglieder Sylvie Dayiku Pomame und Michael Kehren finanziert. Hinzu kommen ab Januar noch Fördermittel aus einem Komm-An-Projekt.
„Die Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit ist ein Gewinn für die Migrations- und Integrationsarbeit im Kreis Euskirchen und passt wunderbar in das Gesamtportfolio der Integrationsagentur“, findet deren Leiter Boris Brandhoff. Auf dem Programm stehen nicht nur Beratungs- und Fortbildungsangebote wie Workshops und Projekte, sondern auch Netzwerkarbeit. Die Servicestelle muss bei den Protagonisten im Kreis Euskirchen, unter anderem bei Behörden und Betrieben, bekannt werden.
Die Servicestelle richtet sich an Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Sprache oder anderer Merkmale im Alltag diskriminiert werden. Besonderer Schwerpunkt ist Rassismus im Alltag, in Behörden und sozialen Einrichtung sowie in der Arbeitswelt. Bisher mussten Menschen an die Stellen in den genannten Großstädten verwiesen werden. Boris Brandhoff vermutet, dass diese Schwelle dann für viele doch zu groß gewesen sei und die Angebote nur unzureichend wahrgenommen wurden, auch weil die Antidiskriminierungsbüros in den Großstädten stark nachgefragt sind. Gerade aus diesem Grund ist die Servicestelle „vor Ort“ umso wichtiger, denn die Hürde, nach Euskirchen zu fahren, ist für hiesige Menschen deutlich geringer.
Erste – wenngleich wegen der Corona-Pandemie eingeschränkte – Erfahrungen haben Sylvie Dayiku Pomame und Michael Kehren bereits gemacht. Sie beraten Betroffene (zurzeit nur digital oder nach Termin), vermitteln bei Rassismusvorfällen auch zwischen den Protagonisten. Sylvie Dayiku Pomame sieht auch Bildungseinrichtungen als einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit: „Wir haben festgestellt, dass es an vielen Schulen an direkten Ansprechpersonen für betroffene Kinder und Eltern fehlt.“
„Ihr seid nicht alleine“
Michael Kehren betont, dass die Servicestelle keine juristische Beratung liefern darf und an spezialisierte Anwälte verweisen muss. Vielmehr gehe es um Rat und Hilfe. „Wir wollen den Menschen, denen Antidiskriminierung widerfahren ist, zeigen »Ihr seid nicht alleine« und Handlungsoptionen an die Hand geben“, sagt Kehren. So geht es unter anderem darum, wie das Thema in einer Behörde oder einem Betrieb angesprochen werden soll. „Wenn Kritik sachlich geäußert wird, wird im Regelfall auch sachlich darauf reagiert“, so Kehren. „Es geht nicht um Konfrontation, sondern Vermittlung“, ergänzt Sylvie Dayiku Pomame. Im Ausnahmefall würden die Teammitglieder die diskriminierte Person auch zum klärenden Gespräch begleiten.
Aber es geht auch um das Bestärken, denn Diskriminierung bedeutet, dass man auf bestimmte Merkmale beschränkt wird, der Mensch selbst aber nicht gesehen werde. Und immer wieder kommt es vor, dass diskriminierendes Verhalten von Menschen unbewusst verwendet wird. „Wir verstehen unsere Arbeit deshalb auch als Bildungsangebot. Ohne erhobenen Zeigefinger wollen wir, dass Stereotypen erkannt werden“, erklärt Kehren.
Die Bereitschaft, sich zu verändern und interkulturell zu öffnen, ist bei vielen Menschen vorhanden. In der Gesellschaft sei inzwischen ein Bewusstsein für die Anliegen der Antidiskriminierungsarbeit vorhanden. „Das sah in den 90er-Jahren oder auch 2010 noch anders aus. Gemeinsam mit unseren Netzwerkpartnern innerhalb und außerhalb des Kreises wollen wir nun konstruktive Lösungen für die nächsten zehn oder 20 Jahre finden“, sagt Boris Brandhoff. Und Michael Kehren fügt an: „Integration und der Abbau von Diskriminierung und Vorurteilen brauchen Zeit.“
Wer Kontakt zur Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit aufnehmen möchte, findet die Kontaktdaten auf der Internetseite https://www.drk-eu.de/ada.html.
pp/Agentur ProfiPress