Marmagen - „Klinik in 72 Stunden einsatzbereit“
Corona-Notfallpläne für die frühere Eifelhöhenklinik Marmagen vorgestellt: Covid-19-Patienten mit leichten Symptomen und nicht infizierte Kranke sollen getrennt voneinander behandelt werden – Zweites Testzentrum neben Mechernich – Ambulante Pflege – 142 Betten plus 30 provisorische Zimmer, die das THW in der Turnhalle einrichten könnte
Kreis Euskirchen/Marmagen – „Es war schon ein eigenartiges Gefühl, durch die menschenleere Eifelhöhen-Klinik Marmagen zu gehen. Das Gebäude ist noch komplett eingerichtet, medizinische Gerätschaften wie EKG oder Ultraschall sind vorhanden, in die Patientenzimmer könnte man sofort einziehen“: So beginnt der Redakteur Michael Nielen im Schleidener WochenSpiegel seinen Bericht über die mögliche Wiederinbetriebnahme der geschlossenen Eifelhöhenklinik als Notkrankenhaus im Kielwasser der Covid-19-Pandemie.
„Hoffentlich wird das nie der Fall sein“, hoffte Manfred Poth, der Allgemeine Vertreter von Landrat Günter Rosenke bei einem Ortstermin in der früheren Reha-Klinik in seinem Heimatort, bei dem unter anderem Ex-Kreisbrandmeister und Rettungsdienstchef Udo Crespin, der Mechernicher Hausarzt Frank Gummelt, DRK-Einsatzleiter Stephan Schmitz und THW-Chef Daniel Schwarzer erläuterten, wie sie die Eifelhöhenklinik im Notfall binnen 72 Stunden wieder in Betrieb nehmen wollen.
Nur im Katastrophenfall
Wie soll die Klinik konkret genutzt werden, wenn der Kreis Euskirchen und die Region Aachen, Bonn und Köln von der befürchteten zweiten Corona-Welle überrollt werden, fragt sich der Redakteur Bernd Zimmermann in den Tageszeitungen „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Kölnische Rundschau“.
Nun: Es sollen dort Covid-19-infizierte Patienten mit leichten Symptomen sowie nicht infizierte Personen getrennt voneinander behandelt werden. Auch könnte neben Mechernich eine zweite Teststelle eingerichtet werden.
„Was passiert, wenn die bestehenden Systeme aus Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen an den Rand des Kollaps geraten?“, fragt sich Bernd Zimmermann weiter: Dann treten ehrenamtliche Kräfte der „nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr“ in Aktion, unter anderem DRK, Malteser, Johanniter, DLRG, THW und die Feuerwehren.
Neben den professionellen Katastrophenschützern aus der Kreisverwaltung Euskirchen sind dann auch die Bundeswehr und die Stiftung EvA aus Schleiden, die DRK-Schwesternschaft sowie die Ärzteschaft mit im Boot. Wie Manfred Poth erläuterte, soll dieses Einsatzszenario aber erst im Katastrophenfall aufgerufen werden.
Die ehemalige Rehaklinik, so Poth, sei laut Kreistagsbeschluss als Entlastungseinrichtung für stationäre medizinische Betreuung, stationäre und ambulante Pflege und gegebenenfalls auch ambulante medizinische Versorgung angemietet worden.
Wie der Kreis die Corona-Krise bei stark steigenden Infektionszahlen bewältigen will, und welche Organisationsstrukturen dahinterstehen, erläuterte Martin Fehrmann, Leiter der Abteilung 38, die für die Gefahrenabwehr im Kreis Euskirchen zuständig ist.
Der Krisenstab des Kreises müsse dafür sorgen, dass für das Alltagsgeschäft von Feuerwehr und Rettungsdienst trotz der steigenden Anforderungen durch Corona ausreichend Einsatzkräfte zur Verfügung stehen. Genauso müsse aber auch der durch die Pandemie erhöhte Personal- und Materialbedarf sichergestellt werden, so Fehrmann.
142 Betten, Nasszellen, EKG
Kreisbrandmeister Peter Jonas erläuterte, dass der Kreis mit Hilfe seines Krisenstabes versuche, zur Bewältigung der Krise den bestmöglichen Rahmen zu schaffen. Da gebe es Fachberater, etwa im Gesundheitsamt, oder technischen Input, der vom Technischen Hilfswerk oder über das Verbindungskommando der Bundeswehr geleistet werden könne.
Der ehemalige Kreisbrandmeister Udo Crespin erläuterte, warum die Katastrophenschützer im Kreis die leerstehende Reha-Klinik ins Zentrum ihrer Pandemie-Planungen genommen haben. Dort gebe es einen intakten Gebäudekomplex mit kompletter Einrichtung, also eingerichteten Einzelzimmern nebst Nasszellen und 142 Betten, eine medizinische Abteilung mit Ultraschall sowie EKG und die Möglichkeit, das Personal unter Einbeziehung von Synergieeffekten ressourcen-schonend einzusetzen.
„Wir können unsere Helfer nicht mehrfach verplanen. Wir müssen versuchen, sie effektiv einzusetzen“, so Crespin. Er zeigte auf einer Videowand, wie die Eifelhöhen-Klinik als Krankenhilfe- und Pflegehilfe-Einrichtung für nicht an Corona erkrankte Patienten und Pflegebedürftige genutzt werden könnte.
Zudem gebe es in einem vorgelagerten Trakt ein Test- und Behandlungszentrum für Covid-19-Patienten, das von der Kreisärzteschaft betrieben werden soll. Crespin stellte klar, dass das bisherige System im Kreis zu keiner Zeit an die Belastungsgrenze gelangt oder unter Volllast gefahren worden sei. Man müsse jedoch für den Fall planen, in dem durch ein rasantes Ansteigen von Fallzahlen Überbelastungen aufträten.
Rotes Kreuz federführend
Als Kooperationspartner hat der Kreis für den Betrieb der Krankenhilfe-Einrichtung in Marmagen das Rote Kreuz (DRK) im Kreis Euskirchen gefunden. DRK-Bereitschaftsleiter Stefan Schmitz erläuterte, seine ehrenamtlichen Mitarbeiter seien geschult im Umgang mit Kranken. Sobald die Einrichtung ans Netz gehe, werde die Verpflegungseinheit des DRK die Versorgung der Menschen übernehmen.
Als Partner für die Pflegehilfe-Einrichtung stellte Malte Duisberg von EvA, der Stiftung Evangelisches Alten- und Pflegeheim Gemünd, seine Organisation vor. EvA werde dann kurzfristig einen weiteren Pflegestützpunkt in Marmagen eröffnen. Man suche aber noch Freiwillige, die man für den Katastrophenfall schule.
Vor der anschließenden Besichtigung des Gebäudekomplexes verteilten Mitarbeiter FFP-2-Masken an alle Besucher. Denn man werde den Mindestabstand nicht überall einhalten können, hieß es. Im Nebentrakt, so Frank Gummelt, werde ein Test- und Behandlungszentrum für Covid-19-Patienten eingerichtet.
15 Ärzte freiwillig gemeldet
Dafür hätten schon 15 Ärzte ihre Bereitschaft zur Teilnahme erklärt. In der Turnhalle, so der Schleidener THW-Ortsbeauftragte Daniel Schwarzer, könne man mit Abtrennwänden binnen 48 Stunden 30 beleuchtete Kabinen für Patienten installieren. Den Strom beziehe man über das Netz der Reha-Klinik oder im Bedarfsfall durch Aggregate.
Im Bettenhaus sahen die Gäste ein komplett eingerichtetes Krankenzimmer mit Bett, Matratze, Mobiliar und TV. Auf den Stationen gibt es in einzelnen Räumen noch die Möglichkeit, Besprechungen abzuhalten oder Funkmeldeempfänger aufzuladen. „Das ist alles komplett ausgestattet und muss nicht erst mühevoll eingerichtet werden. Die Einrichtung ist mit einer Vorlaufzeit von 48 bis 72 Stunden einsatzbereit“, konstatierte der Rettungsexperte Udo Crespin.
Die NRW-Landesregierung, so Manfred Poth, habe das Projekt Eifelhöhen-Klinik genehmigt. Die nur für den Katastrophenfall vorgesehene Krankenhilfe- oder Pflegehilfe-Einrichtung stehe auch für benachbarte Landkreise oder die Städteregion Aachen im Bedarfsfall zur Verfügung. Diese müssten dann aber ihr eigenes Personal mitbringen. Denn das könne der Kreis nicht für andere Gebietskörperschaften vorhalten, so Poth.
pp/Agentur ProfiPress