Mechernich - Deutliche Worte zum neuen Jahr
Beim Neujahrsempfang im städtischen Schulzentrum wachte das Rote Kreuz über die Sicherheit von 500 Teilnehmern - Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sagte: „Finanzkrise trifft Kommunen zeitversetzt um ein Jahr – Bund, und Länder verteilen gleichwohl weiterhin Aufgaben, aber nicht das erforderliche Geld nach „unten“, und der Kreis reicht seine Mehraufwendungen an die Kommunen weiter - Verwaltungschef analysiert und nennt klare Konsequenzen: „Gerechte Gemeindefinanzierung, Kreis ins Haushaltssicherungskonzept“
Mechernich - „Heftige Kritik an der Politik des Kreises“, titelt die Kölnische Rundschau in der heutigen Montagsausgabe über den Neujahrsempfang der Stadt Mechernich. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt: „Der Bund bestellt und wir sollen zahlen“.
Überparteilich und unpolitisch wachte derweil eine RTW-Besatzung des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen über die gesundheitliche Sicherheit von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und seinen 500 Empfangsgästen, die stellvertretend ein gesamtgesellschaftliches Bild der Stadt Mechernich wiedergaben.
Auch das Rote Kreuz selbst war nicht nur mit „Sanis“ und Fahrzeug vertreten, sondern gehörte auch zu den geladenen Gästen, die sich im Stadtgebiet bürgerschaftlich und ehrenamtlich stark engagieren. Sybille Sennerich, die Blutspendenbeauftragte und „Grand Dame“ des Mechernicher Rotkreuz-Ortsvereins, sowie dessen Vorsitzender Rolf Klöcker vertraten die Farben Henry Dunants.
„Klar, offen und schonungslos“ seien die Worte gewesen, die Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick in seiner Neujahrsrede für das Jahr 2010 fand, schreibt der Reporter David Dreimüller in der „Rundschau“. Sein StadtAnzeiger-Kollege Jürgen Feibig teilt seinen Lesern mit, Bürgermeister Schick habe vor 500 geladenen Gästen als Repräsentanten der gesamten Bürgerschaft unter anderem auch die Umlagepolitik des Kreises Euskirchen kritisiert.
Die Kommunen seien chancenlos, sagte Schick, der Kreis reiche seine Mehrausgaben und Mindereinnahmen kurzerhand via Kreisumlage an die elf kreisangehörigen Städte und Gemeinden weiter. Bei seinem Amtsantritt 1999 habe die Stadt Mechernich knapp neun Millionen Euro „Beitrag“ an den Kreis entrichtet. Im Etat 2010 mache die Kreisumlage bereits 16 Millionen Euro aus, wenn der Kreistag stur bleibt. Schick: „Die Kommunen sind wie Schafe, die auch noch gesetzlich verpflichtet sind, ihre eigene Schlachtung zu bezahlen!“
Es würden immer mehr Aufgaben von oben nach unten umverteilt ohne die entsprechenden Steuereinnahmen ebenfalls weiterzureichen, sagte der Mechernicher Chef von Rat und Verwaltung. Die Gemeindefinanzierung sei nicht nur kompliziert, sondern auch unzureichend, ungerecht und undemokratisch. Schick forderte Politiker in Bundes-, Land- und Kreistag auf, sich aus dem „Paralleluniversum“ ihrer politischen Ebenen in die Welt der Otto-Normal-Bürger zu begeben und zu sehen, wie verzweifelt die Städte und Gemeinden vor Ort sich abmühten, die notwendige Infrastruktur für ihre Bürger aufrecht zu erhalten.
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sagte in seiner Neujahrsrede, die Finanzkrise treffe die öffentlichen Haushalte zeitversetzt um ein Jahr. Während die Wirtschaft dank überlebenswichtiger Stützungskäufe der Bundesregierung wieder gesunde, gingen die Gebietskörperschaften und Kommunen jetzt finanziell in die Knie. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der neuen schwarz-gelben Bundesregierung bezeichnete Schick als Prestigeobjekt.
„Wenn in Deutschland der Bund niest, dann haben die Länder schon eine Erkältung, und Städte und Gemeinden leiden unter Schüttelfrost“, so Schick. „Der Bund bestellt und wir sollen bezahlen.“ Durch solche Gesetze, die von wenig Realitätsnähe der Politiker zeugten, würde den „Kommunen in finanzieller Hinsicht der Boden unter den Füßen weggezogen“. Es müsse sich in Deutschland etwas Grundlegendes ändern, zitiert die „Rundschau“ Schick.
Kritische Worte habe der Bürgermeister Schick auch an den Kreis Euskirchen gerichtet, befand David Dreimüller: „In aller Deutlichkeit forderte er die Kreispolitiker auf, endlich ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen und die Mehrausgaben nicht mehr an die Kommunen weiterzugeben. »Ich kann mich zunehmend des Eindrucks nicht erwehren, dass gerade die Kreise die Finanzschwäche der Städte- und Gemeinden ausnutzen, um immer mehr originär kommunale Aufgaben an sich zu ziehen. Durch dieses Handeln wird die kommunale Selbstverwaltung stetig ausgehöhlt.«“
So sei es paradox, wenn der Kreis seine eigenen freiwilligen Ausgaben ausdehne, die Kosten dafür aber per Kreisumlage an die elf Kommunen weiterleite. „Der Kreis entpuppt sich mehr und mehr als Umlageverband, der seine Kosten eins zu eins an die weiterreicht, die gesetzlich zur Zahlung verpflichtet sind, also die Kommunen.
Zudem solle die Kreisverwaltung einem interkommunalen Vergleichssystem beitreten, wie es in Mechernich mitentwickelt wurde und wie es die Etats unterschiedlicher Kommunen oder Gebietskörperschaften untereinander vergleichbar macht. „Nicht, um den Kreis Euskirchen vorzuführen“, so Schick, „sondern damit alle voneinander lernen können, wer was am besten und effektivsten macht.“ Damit ließen sich signifikante Haushaltsverbesserungen erreichen.
Auch die Personalpolitik des Kreises müsse durchleuchtet werden, „denn naturgemäß liegen im Personalhaushalt der öffentlichen Verwaltungen die höchsten Einsparpotenziale“, sagte Schick. Kein Verständnis habe er deshalb für Kreistagsmitglieder, die seiner Ansicht nach längst ein Haushaltssicherungskonzept hätten aufstellen müssen.
„So wünschenswert eine Familienkarte oder ein beitragsfreies Kindergartenjahr auch wären, wir, die Gesamtheit der elf Kommunen und des Kreises, können sie uns zurzeit nicht leisten.“ Durch wegbrechende Einnahmequellen und eine erhöhte Kreisumlage werde die Stadt Mechernich im Jahr 2010 ein Haushaltsdefizit von bis zu 5,7 Millionen Euro erwirtschaften müssen.
Die Bigband der Musikschule unter der Leitung von Werner Fink spielte vor der 40-minütigen Rede des Bürgermeisters „The Final Countdown“. Das habe gepasst, schreibt Jürgen Feibig im „Stadt-Anzeiger“: „Erwartungsgemäß befasste sich Schick nämlich nicht nur mit dem Gemeinwesen und den Problemen der Stadt Mechernich. An den Anfang seiner Ausführungen stellte er zunächst allerdings einen kurzen Rückblick auf das Super-Wahljahr 2009. Anschließend rief er in Abwandlung eines Sepp Herberger-Zitates aus: „Nach der Wahl ist vor der Wahl. Es gibt noch viel zu tun.“
Obwohl viele Firmen in der Eifel besser durch das Jahr 2009 gekommen seien, als man hätte erwarten dürften, nannte er jedoch auch Unternehmen, wie die in Mechernich beheimatete Deutsche Mechatronics, die in existenzielle Probleme gerieten. Feibig: „Wer den Bürgermeister kennt, weiß, dass er bei seinen Ausführungen gern ins Detail geht, und so bekam natürlich auch die Bundesregierung ihr »Fett« ab.“
Im Anschluss an die Rede des Bürgermeisters richtete sich Dirk Gemünd, der Organisationsleiter vom Förderverein des Nationalparks Eifel, an die Gäste und informierte über die einjährige Patenschaft zwischen der Stadt Mechernich und dem Nationalpark.
Nach dem offiziellen Teil des Neujahrsempfangs luden Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und die Mitarbeiter von Stadtverwaltung und Bauhof zu einem Umtrunk ins Foyer des Gymnasiums am Turmhof. Dort gab es angeregte Gespräche, kühle Getränke und Laugenbrezeln. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten alles bestens organisiert, für die Sicherheit im Hintergrund sorgte eine Abordnung des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen.
Den Servierservice übernahmen Messdienerinnen und Messdiener der Pfarrei St. Agnes in Bleibuir. Die Mädchen und Jungen sind dabei, sich mit Tätigkeiten wie diesen ihre Teilnahme an der Internationalen Messdienerwallfahrt in Rom im August 2010 zu verdienen. Am Rande des Neujahrsempfangs wurden 265 Euro für Erdbebenopfer in Haiti gesammelt.