Mechernich/Euskirchen - Schattenseite der Altkleider-Spenden
Es landet traditionell nicht nur Textiles in den Containern des Roten Kreuzes, sondern auch eine Menge Müll – Zu Beginn der Corona-Krise schnellten Kleiderspenden in die Höhe – Saisonal einzelne Kleidungsstücke gezielt aussortieren und direkt zu den Kleiderkammern bringen – 40 Prozent kommt in den Second-Hand-Shop – 60 Prozent landet im Schredder für Putzlappen und Isoliermaterial
Mechernich/Kreis Euskirchen – Zeitweise wurden Altkleidercontainer wegen Vermüllung schon ganz aus dem Verkehr gezogen. Manche Zeitgenossen machen sich offensichtlich seit es sie gibt, einen zweifelhaften Spaß daraus, Akut- und Sperrmüll, sogar Schlachtabfälle und Windeln in Sammelbehälter zu stopfen, die eigentlich der Bereitstellung gebrauchter Textilien für bedürftige Menschen dienen sollten.
Die Reporterin Katrin Krause hat das Problem jetzt im Gespräch mit dem Euskirchener Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker thematisiert und in den im Kreis Euskirchen und in der Stadt Mechernich erscheinenden Kölner Tageszeitungen dargestellt. „Was auch immer man sich vorstellen kann, ist sicher schon in einen Container geworfen worden“, sagte Klöcker.
Die Vermüllung habe in den vergangenen Jahren sogar noch zugenommen. Die Entleerung der kreisweit 85 DRK-Altkleidercontainer sei folglich nicht nur für die Mitarbeiter eine Zumutung, sondern auch für die Spender der Kleider, die davon ausgehen, dass ihre Kleider weiter angezogen oder für das Rote Kreuz gewinnbringend verwertet werden.
„Fehlwürfe“ machen Kleider unbrauchbar
„Was einfach nicht mehr geht, wenn sie mit den abartigsten Abfällen kontaminiert worden sind“, so der DRK-Geschäftsführer, der auch Ortsvereinsvorsitzender des Roten Kreuzes in der Stadt Mechernich ist: „Dann ist häufig auch der restliche Inhalt nicht mehr zu gebrauchen. Alles muss kostenpflichtig entsorgt werden!“
Seit Beginn der Pandemie habe der Anteil an Fremd- und Störstoffe (Haushaltsgeräte, Grünabfälle, gebrauchte Windeln) in den Altkleidercontainern drastisch zugenommen, sagte Thomas Ahlmann vom Dachverband „Fair-Wertung“. Die Leute hätten zu lange allein zu Hause zugebracht, vermutet er. Erschwerend sei hinzugekommen, dass die Wertstoffhöfe während der ersten Phase der Pandemie vielerorts geschlossen hatten: „Manche wussten nicht, wohin mit dem Abfall.“
In einer Reportage der Agentur ProfiPress klagten die Verantwortlichen des Roten Kreuzes allerdings bereits vor mehr als 15 Jahren über die permanente Vermüllung von Altkleidercontainern. Achim Könn von der Stadt Euskirchen berichtet jetzt ebenfalls den Tageszeitungen, dass manche Zeitgenossen ihren Unrat neben Altkleidercontainern abstellen.
Dann werden die Betreiber, in der Regel das Rote Kreuz, angerufen, damit sie sich um den Müll kümmern. Rolf Klöcker: „Wir transportieren den Unrat dann ab und entsorgen ihn auf unsere Kosten.“ Geld und Manpower fehlten dann aber an anderer Stelle für gemeinnützige Projekte.
Es gab schon Todesopfer
Manche Leute kletterten durch die großen Einwurf-Klappen auch selbst in die Container, kämen aber dann nicht mehr raus, berichtet die Stadtverwaltung Euskirchen. Manche seien schon drin gestorben…
Wirtschaftlich sei das Sammeln von abgetragenen Textilien auch nicht mehr so attraktiv, wie es vielleicht einmal war. Es herrsche ein Überangebot, Verwertungsketten brächen hin und wieder zusammen, so Rolf Klöcker. Die wenigsten der gesammelten Kleider könnten direkt in den Second-Hand-Kleiderläden im Kreisgebiet neue Besitzer finden.
40 Prozent landen in der Kleiderkammer, 60 Prozent im Werkstoffrecycling, so Rolf Klöcker. Dort werden daraus meist Putzlappen oder Dämmmaterial fürs Auto hergestellt. „Das Sammeln lohnt sich dann kaum noch“, konstatierte Thomas Ahlmann im Interview. Viele kommunale und gewerbliche Anbieter bauten ihre Container ab, auch das DRK zog zeitweise Altkleider-Sammelbehälter aus dem Verkehr, berichtete Rolf Klöcker.
Mittlerweile verfüge man aber wieder über mehr Container als vor dem Abzug. Die Entwicklung sei oft antizyklisch, so Thomas Ahlmann: Zu Beginn der Pandemie sei der Markt mit aussortierten Textilien regelrecht überflutet worden, weil die Leute plötzlich Zeit und Freiräume hatten, ihre textilen Altbestände zu durchkämmen…
Katrin Krause streift in ihrem Altkleider-Report auch das Problem der schnellen und billigen Mode. Cathleen Braun vom sozialen Kleiderladen des DRK in Euskirchen: „Bei vielen Kleidungsstücken, die abgegeben werden, hängt noch ein Preisschild dran!“ Sie vermutet, dass diese Billigklamotten nie getragen wurden – und noch neu wieder weggeschmissen werden. „Fast Fashion“ oder Wegwerfmode nennt Cathleen Braun dieses Phänomen.
Es besteht aber anscheinend Hoffnung, dass sich die Lage bessert, so Tenor der Interviews in Katrin Krauses Rundumschlag. Seit 2020 sei eine Änderung im Kaufverhalten zu verzeichnen: „Die Menschen sind unsicher, wollen Geld sparen, nachhaltiger leben.“ Das wirke sich auf das Konsum-, Spende- und Wegwerfverhalten aus: „Aktuell konsumieren die Menschen generell weniger als noch vor einigen Jahren“, so Thomas Ahlmann.
Auch Rolf Klöcker spüre die Auswirkungen der Lage: „Durch die Gas-Krise und dadurch, dass alles für alle teurer wird, bemerken wir, dass die Leute wieder ein Spendenbewusstsein haben. Sie erinnern sich daran, wofür Kleidercontainer und Kleiderkammern eigentlich da sind. Den Menschen ist es nicht egal, was mit ihrer Kleidung passiert, sie wollen sie bewusst für einen guten Zweck spenden.“
Second Hand aus Überzeugung
Cathleen Braun registriert, dass mehr Leute gezielt ein, zwei hochwertige Kleidungsstücke abgeben statt früher einen ganzen Sack voller wahllos zusammengestellter oder verschlissener Textilien. Thomas Ahlmann ist skeptisch, ob dieses „Umdenken“ länger anhält, als die gegenwärtige Krise. Cathleen Braun bemerkt hingegen speziell bei jungen Leuten einen Trend zum Second-Hand-Auftragen – und zwar „aus Überzeugung.“
Wichtig bei Spenden für die Altkleidercontainer sei vor allem, dass alle Bekleidungsgegenstände – auch Schuhe – in fest verschlossenen Tüten abgegeben werden, sagte Rolf Klöcker in dem Tageszeitungsbeitrag. Schuhe sollten im Idealfall gebündelt abgegeben werden. Die Kleidung soll vorher gewaschen werden. Gebrauchte Kleidung könne man auch direkt bei einer Kleiderkammer vorbeibringen. Saisonabhängig spenden sei sinnvoll, so Cathleen Braun, also Badehosen und Shorts im Sommer, Wintermäntel und lange Unterhosen in der kalten Jahreszeit.
pp/Agentur ProfiPress