Mechernich - Großübung: Besuchergruppe im Bergwerk eingestürzt
Feuerwehr und Rotes Kreuz spielten Ernstfall unter realistischen Bedingungen durch
Mechernich – „Dramatische Szenen spielten sich am Samstagmittag am und im Besucherbergwerk Mechernich ab“, schreibt der Schleidener Journalist Stephan Everling in der „Kölnischen Rundschau“ und im „Kölner Stadt-Anzeiger“ über eine Großübung der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Mechernich im Bergwerkmuseum. „Dichter Rauch quoll aus dem Stolleneingang, während Feuerwehr und DRK sich gemeinsam bemühten, Klarheit über die Geschehnisse im Berginnern zu gewinnen.“
Eine Besuchergruppe war mit zwei Führern von einem Bergeinsturz überrascht worden, das wussten die beiden Jugendlichen zu berichten, die verzweifelt am Ausgangstor auf die Rettungskräfte gewartet hatten. Während der eine bewusstlos zusammengebrochen war, versuchte das Mädchen sich immer wieder dem Griff der Retter zu entziehen und wieder in die Grube zu rennen. „Wir müssen ihnen helfen“, rief sie ein um das andere Mal und war kaum zu beruhigen.
Seit zwei Monaten hatte Achim Nießen, Chef der Löschgruppe Vussem, mit Markus Kurtensiefen und Reiner Müller an dem Szenario gearbeitet. Bauholz aus dem Fundus des Besucherbergwerkes und Styroporsteine, die einst bei Dreharbeiten für die Fernsehserie „Cobra 11“ gedient hatten, sorgten für das realistische Ambiente. „Den letzten Schliff verlieh Nießen der Szene, indem er fröhlich mit der Nebelmaschine Rauch in den Stollen blies und damit den Zugang in malerisches Dunkel sinken ließ, bevor er sich nach Hause begab, um den kurz nach 13 Uhr ausgelösten Alarm abzuwarten“, schreibt Everling.
Dass das Bergwerk Schauplatz ein Übung der Mechernicher Feuerwehr sein solle, sei schnell klar gewesen, erzählte Nießen im Gespräch mit dem Journalist, nachdem er die Jugendlichen auf ihre Rollen vorbereitet hatte. Die Verantwortlichen des Besucherbergwerkes hätten sofort die Mithilfe zugesagt und dafür auch die Einnahmeverluste in Kauf genommen, die durch den fehlenden Besucherverkehr an diesem Samstag entstehen mussten. Stattdessen gingen die Bergwerksführer Günter Nießen und Toni Rütz mit unter Tage, um als „Vermisste“ in den eingenebelten Stollen zur Verfügung zu stehen.
Die komplexen Probleme, denen sich die Rettungskräfte ohne jede Vorbereitung stellen mussten, trieben ihnen den Schweiß auf die Stirn. Allein der hysterische Anfall, den Samantha Kaufmann mit nicht enden wollender Begeisterung simulierte, dürfte ihre Betreuer bis an die Schmerzgrenze strapaziert haben. Neun Mitglieder des Jugendrotkreuzes Mechernich hatten sich unter der Leitung von Sascha Suijkerland als Einsturzopfer zur Verfügung gestellt.
Betreuerin Laura Zimmermann hatte sie mit jeder Menge Kunstblut und grausig aussehenden Plastilin-Wunden versehen. Dann wurden sie instruiert: Wer noch gehen konnte, wer bewusstlos war und wer unverletzt in den Tiefen des Besucherbergwerkes auf Rettung wartete, war genau festgelegt. „Weiter schreien, auch wenn du gerettet bist“, war die Vorgabe für Samantha Kaufmann gewesen, die sie mit viel Sinn für das Dramatische gehorsam ausführte.
Eigentlich hatte nur Alarm für die Löschzüge 1 und 4 der Stadt Mechernich ausgelöst werden sollen, doch da schnell klar war, dass die Zahl der Atemschutzgeräteträger nicht ausreichen würde, wurde auch der Löschzug 5 mit alarmiert. Dazu unterstützten Kräfte der Feuerwehr der Bundeswehr unter der Leitung von Wilfried Conrads aus der nahen Bleibergkaserne mit ihren High-Tech-Atemgeräten, die bis zu vier Stunden Einsatzdauer ermöglichen, die Rettungskräfte. Der Zufall des Dienstplans wollte es, dass unter den alarmierten Rettungskräften des Roten Kreuzes auch Kreisarzt Frank Gummelt und Kreisbereitschaftleiter Jürgen Houbé im Rahmen ihres normalen Bereitschaftsdienstes für die Übung alarmiert wurden.
Wie die Ruhe selbst stand Hussein Yassine, Gruppenführer in Mechernich, am Eingang in die Grube und schickte einen Trupp unter Atemschutz in den immer noch kräftig qualmenden Stollen. Dabei hätte die Lage jeden Anlass zu Hektik geboten. Denn neben der Frage, wo der Schlüssel zum Eingang aufbewahrt wird, war unklar, wie viele Personen sich eigentlich in der Grube befanden.
Dazu kamen Kommunikationsprobleme, die mit der Umstellung auf Digitalfunk entstanden war, weil unter Tage keine Funkverbindung möglich war und nur bestimmte Kanäle Kommunikation ermöglichten. Die Grubentelefone, die alle 100 Meter installiert sind, waren kaum Ersatz, weil die Rettungskräfte unter Atemschutz kaum etwas verstehen konnten. „Da muss Abhilfe geschaffen werden“, waren sich die Verantwortlichen bei der Nachbesprechung einig.
Umso größer war angesichts der Schwierigkeiten die Zufriedenheit über das Ergebnis der Übung. „Wir haben in einer Stunde neun Verletzte aus dem Bergwerk geholt, das ist extrem gut“, resümierte Kurtensiefen, der ansonsten Unstimmigkeiten in den Abläufen beobachtet hatte.
52 Mitglieder der Mechernicher Feuerwehr, sieben Männer der Bundeswehrfeuerwehr und sieben Betreuer des DRK waren in Einsatz. „Dazu üben wir, um zu sehen, was verbessert werden muss“, sagte Gummelt, der sich begeistert über die Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr und Rettungsdienst zeigte, die während der Übung deutlich geworden war. „So eine Übung ist keine Alltag“, sagte auch Suijkerland, der sich freute, dass der Einsatz gemeinsam mit der Feuerwehr geplant werden konnte.
pp/Agentur ProfiPress