"Prag im Herbst 1989" - Teil 6 - Endlich kommt die 2. Küche...
Es wird immer enger auf dem Gelände, mittlerweile über 1.600 Personen, aber endlich kommt der 2. Feldkochherd mit weiteren Rotkreuzhelfern aus der Eifel.
Mittwoch 27.9.89
7:00 Uhr
Aufstehen und Brenner an
7:30 Uhr
Frühstück für uns - fällt wieder aus - keine Zeit!
12:30 Uhr
Mittagessen, Pichelsteiner Eintopf + Schweinefleischkonserve + 1 Joghurt für Kinder + 1 Getränk - für ca. 1.550 Personen.
Normaleweise wird von der Botschaft Selters-Wasser in Flaschen für die Betroffenen gestellt, das klappt nicht mehr in ausreichender Menge, daher geben wir heiße Instand - Tee - Getränke aus (Apfeltee, Orangentee usw. - fertig gesüßt) Wir nehmen nur abgekochtes Wasser, daher alles Heißgetränke.
Im Lebensmittellager gibt es wenig Vitaminfruchtsaft, rationiert für Säuglinge, da ohne Kohlensäure, und für durchfallterkrankte Kinder auf schriftliche Verordnung des Arztes.
20:00 Uhr
Dienstende - Küche zu - Warme Getränke hingestellt für die Nacht!
1.604 Personen.
Bemerkungen: Prof. Vogel war wieder da, ca. 45 Personen sind auf sein Angebot eingegangen.
Um 23:00 Uhr kommt der 2.Feldkochherd; Herbert Schmitz, Heinz Hannig, Dirk Kristahl. Küche muß noch draußen bleiben, da Durchgänge mit Betroffenen belegt, die schon schlafen.
3. Küche angefordert + 15.000 Mittagessen mit Getränken + weitere 3 Personen Küchenpersonal.
Donnerstag, den 28.9.89
7:00 Uhr
Aufstehen, Brenner an
Die 2. Küche ind Botschaft hereinziehen, vorher Betroffene wecken um Platz zu schaffen, Küche aufstellen und Brenner an.
12:00 Uhr
Mittagessen, Grüner Bohneneintopf + Mettwurst + 1 Joghurt für Kinder + 1 Coca Cola - ca. 2.500 Portionen
18:00 Uhr
EPa´s ausgegeben (komplett)
22:00 Uhr
Dienstende - Küche zu -
bis 2:00 LKW + Hänger abgladen, Zelte + Getränke + Matratzen (Manfred Zingsheim + Frank Güth) 10.000 Mittagessen
Bemerkungen: 1. große Müllaktion nachts wegen drohender Seuchengefahr, Müllabfuhr bestochen, damit sie das Auto voll macht!
Die ersten Betroffenen schlafen rund um die Küche auf Paletten.
Heißwassergerät repariert und zur Getränkeherstellung herangezogen. 120 Grad heißer Wasserdampf wird in Thermophoren zur Getränkeherstellung aufgefangen.
Gestern wurde für uns ein Büro ausgeräumt, ca. 20 Quadratmeter, dort stellen wir 3*3 Etagenbetten auf. Weitehin werden auf den Boden noch Matratzen hingelegt. So können wir mit 11 Personen (9*Küche + 2 Fahrer) dort übernachten. Schränke gibt es nicht. Aber es ist ein Fortschritt, daß wir nicht jeden Tag, wie auf dem Flur, Matratzen und Gepäck wegräumen müssen (ins Auto).
Bemerkungen: LKW´s können am besten nachts abgeladen werden. Tagsüber kein Durchkommen möglich, Der Botschaftsvorplatz ist dann von PKW´s zu geparkt, keine Wendemöglichkeit, da Sackgasse.
Ersatzteil ind die 1. undichte Feldküche eingebaut, das Glycerin verdampft weiter. Der Kessel muß einen Riss haben, so daß ständig Wasser in die Kochbadflüssigkeit gelangt und verdampft.
Freitag, den 29.9.89
7:00 Uhr
Aufstehen, Brenner an
12:00 Uhr
Mittagessen, Gulaschsuppe + 1 Joghurt für Kinder + 1 Getränk, ca. 4.000 Portionen.
um 11:00 Uhr kommt die 3. Küche an, wird sofort aufgestellt und in Betrieb genommen. Christian Rang, Gerd Fink und Elfriede Spilles aus dem Kreis Euskirchen
18:00 Uhr
LKW mit Verpflegung eingetroffen.
21:00 Uhr
Dienstende - Küche zu -
bis 2:00 Uhr nachts:
1.) 2 LKW´s abgeladen, Lebensmittel + Getränke, Zelte, Schlafsäcke
2.) 2. große Müllaktion gestartet, Müllabfuhr mit Zigaretten und Whiskey bestochen - Mülltonnen geleert, wieder gefüllt, geleert usw.
Bemerkungen: Besuch aus Bonn - Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein (damals Präsident des Deutschen Roten Kreuzes) und Herr Schmidt vom Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes (1989 noch in Bonn)
- nehmen große Bestellung auf
- fordern Einsatzleitung und Personal für soziale Betreuung an
Samstag den 30.9.89
7:00 Uhr
Aufstehen, alle Brenner an, ein Kessel hat zu wenig Wasser, Boden brennt durch (Wasserkessel des 1.FKH) Ersatzteil sofort über Herrn Schmidt bestellt, Einbau wird bei Lieferung selbst vorgenommen.
12:00 Uhr
Erbsensuppe + 1 Joghurt
18:00 Uhr
Würstchen und Brot
19:00 Uhr
Rede des deutschen Außenministers Genscher, danach für eine Stunde Sanitätsdienst.
bis 2:00 Uhr
heiße Getränke
Verabschiedung an der Pforte mit Getränk, Schokolade, Obst
7:30 Uhr
Meldung, daß alle Flüchtlinge das Lager verlassen haben
15:00 Uhr
3 LKW´s abgefahren, 2 zurück, 1 bis bis Waiden Lebensmittel für Prag bei der Bundeswehr holen!
Bemerkungen: Einsatzleitung + soziale Betreuung vorzeitig eingetroffen
Mittags zwei Stunden Verpflegung eingestellt: Nach dem Motto; Solange der Müll nicht in blauen Säcken verpackt ist, gibt es kein Essen mehr. Es hat gut geklappt!
Non-Stop gekocht. Frühstück - Mittagessen - Abendessen ging fließend in einander über.
Zum Frühstück gab es Kekse, Marmelade und Joghurt. Bis 7:30 Uhr morgens sind wir alle Zelte, Räume und Winkel einmal durchgegangen, um sicher zu stellen, daß all Flüchtlinge das Gelände verlassen haben.