Solferino - Ideen aus Genf und Solferino
37 Rotkreuzler aus der Eifel wandelten am Genfer und am Gardasee auf den Spuren Henry Dunants – Der Euskirchener Rotkreuz- Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker war dabei: „Vom internationalen humanitären Gedanken mitgerissen“ – Auch Rotkreuz-Museum vogelsang ip und Begegnungsstätte „Transit“ machen die frühere NS-Ordensburg Vogelsang bereits zu einem Ort internationaler Begegnung sowie einem Mahnmal für das humanitäre Menschen- und Völkerrecht
Eifel/Solferino - „Das sollte jeder Rotkreuzler mindestens einmal mitgemacht haben im Leben“, konstatiert der in der Stadt Mechernich lebende Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker nach seiner Rückkehr aus dem norditalienischen Solferino. Dort hatten der 46-Jährige Kommerner und sein Vorgänger Rolf Zimmermann (60) Ende Juni an der „Fiaccolata“ teilgenommen, einem Fackelzug mit Tausenden Teilnehmern, den das Rote Kreuz alljährlich im Gedenken an seine Ursprünge veranstaltet.
„Es ist eine Mischung aus Gänsehautgefühl und ausgelassener Lebensfreude, die einen da mitreißt“, sagt Klöcker im Interview. „Das ist auch für einen alten Hasen wie mich Rotkreuz-Feeling pur“, ergänzt Rolf Zimmermann. Er hat bereits mehrmals an dem kilometerlangen nächtlichen Fackelmarsch von Solferino zum Örtchen Castiglione teilgenommen, darunter auch am 150. Jahrestag der „Schlacht von Solferino“ am 24. Juni 2009.
Der Schweizer Kaufmann Henry Dunant war dort am 24. Juni 1859, zehn Kilometer südlich des Gardesees, nach einer verheerenden Schlacht im italienischen Unabhängigkeitskrieg auf 30 000 Verwundete getroffen, für die es kaum medizinische Versorgung gab. Dunant organisierte spontane Hilfe unter anderem mit den Frauen des Dorfes Castiglione, die gegen Skepsis und Widerstand ihrer Männer und Brüder die Verwundeten ohne Unterschied ihrer nationalen Herkunft in Kirchen und Häusern wuschen, verbanden und versorgten. Das war die Geburtsstunde des 1863 gegründeten Roten Kreuzes.
Dieses Jahr war das Rote Kreuz im Kreis Euskirchen bei dem legendären Fackelzug, der „Fiaccolata“, mit insgesamt 37 größtenteils jungen Leuten vertreten. Außer Klöcker und Zimmermann handelte es sich dabei größtenteils um Jugendrotkreuzler und ehrenamtliche Frauen und Männer aus den Rotkreuz-Bereitschaften der Nordeifel. Einige waren schon mal in Solferino dabei gewesen, andere ließen sich erstmals vom Internationalen Camp, dem Festauftakt an der Burg von Solferino sowie dem Finale vor der Kathedrale von Castiglione beeindrucken.
Besonders einprägsam war das Miteinander der Rotkreuzler aus aller Herren Länder für eine 15-Jährige aus dem Kreis Euskirchen. Sie verlor während der mehrere Kilometer langen „Fiaccolata“ ihre Gruppe, weil sie sich die Schuhe neu binden musste. Bei ihrem Hinterher-Stürmen überholte sie die anderen 36 Euskirchener unabsichtlich. Die wiederum ließen sich im Fackelzug allmählich bis Castiglione ganz nach hinten zurückfallen, um die verloren gegangene Kameradin wiederzufinden. Doch die befand sich mittlerweile an der Spitze des Zuges, wo sie von anderen Rotkreuzlern freundschaftlich aufgenommen wurde.
Am Ende hatte man sich wieder – und die Jugendrotkreuzlerin hatte obendrein selbst erfahren, dass man in dieser weltumspannenden Hilfsorganisation von Menschen für Menschen überall zu Hause ist und auch überall wie ein Familienmitglied herzlich aufgenommen wird.
Das ist das „Rotkreuz-Feeling“, von dem Rolf Klöcker und Rolf Zimmermann im Interview sprachen: Das gutgelaunte Happening auf dem hochgelegenen Kirch- und Burgplatz von Solferino, aber auch der atmosphärisch einmalige Fackelzug durch die Nacht mache einem bewusst, dass man nicht Einzelkämpfer in der Eifel, sondern Teil einer weltweiten humanitären Hilfsorganisation sei, die die Ernsthaftigkeit zu helfen mit der Freude am prallen Leben verbindet.
Auf der Fahrt nach Solferino besuchte die Delegation des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen das Internationale Rotkreuz-Museum in Genf. Dort wird die Arbeit der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften, in der 188 nationale Gesellschaften wie das Deutsche Rote Kreuz zusammengeschlossen sind, ebenso beleuchtet wie die Geschichte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Letzteres ist zurzeit in 80 Krisen- und Kriegsgebieten der Erde im Einsatz.
Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker, ein studierter Jurist, war über die Maßen beeindruckt: „Wir haben uns im Studium mal ein Seminar lang mit den Genfer Konventionen beschäftigt. Wir haben gelesen, gelesen und gelesen. Ich habe nichts vom Kern der Sache verstanden und logischerweise auch nichts behalten. Aber in Genf habe ich bei meinem zweistündigen Rundgang durch dieses Museum auf Anhieb begriffen, wie das Rote Kreuz den Menschen bei Unruhen und im Krieg durch dieses internationale Regelwerk helfen und beistehen wollte und will.“
„Genau das versuchen wir mit Erfolg in unserem Internationalen Rotkreuz-Museum vogelsang ip für internationales Völker- und Menschenrecht“, ergänzt Rolf Zimmermann. „Und das gelingt uns auch hervorragend“, so Rolf Klöcker: „Castiglione ist ein phantastischer Ort und unterhält am Ort seiner Entstehung eines der wichtigsten Rotkreuz-Museen überhaupt, aber ich darf in aller Bescheidenheit sagen: Das machen wir in Vogelsang besser!“
Rolf Zimmermann: „Wir vor Ort beim Roten Kreuz im Kreis Euskirchen verstehen uns als Basis des Internationalen Roten Kreuzes, einer Bewegung, die vom Schlachtfeld in Solferino ausgegangen ist und die ganze Welt erfasst hat.“ Der frühere Euskirchener Kreisgeschäftsführer und Begründer des Eifeler Rotkreuz-Museums würde sich wünschen, dass am Ort dieses Museums ein fester ständiger Treffpunkt für Rotkreuzler aus aller Herren Länder entstehen würde. Und ebenso in der Begegnungsstätte „Transit“, die das Rote Kreuz ebenfalls auf Vogelsang betreibt.
Erste Anfänge sind längst gemacht und erfolgreich erprobt. Für August ist ein Internationales Jugendcamp geplant, an dem Studenten aus zwölf Nationen teilnehmen. In Vorbereitung ist ebenfalls ein Drei-Nationen-Camp für Rotkreuzler aus Österreich, Belgien und der Bundesrepublik. Deshalb machten die Euskirchener auf ihrer Rückreise von Solferino auch noch Stopp in Kufstein, um mit den Kameraden dort die Dinge zu besprechen und zu organisieren.
Rolf Zimmermann zitierte in dem Zusammenhang einen Kollegen, mit dem er an der Jubiläums-„Fiaccollata“ 2009 teilgenommen hatte und der anschließend gesagt hatte: „Du hast Dich im Lauf der Jahre daran gewöhnt, dass Du als Rotkreuzler nur ein Tropfen im Meer bist und die Welt nicht verändern wirst. Und plötzlich merkst Du, Du bist nicht allein, es gibt viele Tausend, ja Millionen anderer Tropfen in diesem Meer - und das verändert die Welt doch . . .“
„Genau diese Message wollen und werden wir auch in Vogelsang verbreiten“, verspricht Rolf Zimmermann. Und Rolf Klöcker ergänzt: „Wir haben aus Genf und Solferino Anregungen mitgebracht, wie wir das machen werden.“
pp/Agentur ProfiPress