Start ins Leben – anders als gedacht
Kreis Euskirchen | Rund 40 Teilnehmerinnen beim Fachtag der Rotkreuz-Familienbildung – Krisenbegleiterinnen Paula Diederichs und Miriam Nachtkamp referierten über Regulations- und Schlafstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern – Weiterbildung in Henrys Eltern-Kind-Kompetenzzentrum ab August geplant
Kreis Euskirchen – Rund 40 Teilnehmerinnen aus dem Kreis Euskirchen und darüber hinaus waren zum Fachtag der Rotkreuz-Familienbildung „Start ins Leben – anders als gedacht“ ins Rotkreuz-Zentrum Euskirchen/Eifel gekommen. Denn nicht immer ist die Zeit nach der Geburt eines Babys allein von Glück und Kuschelzeit geprägt. Wenn Säuglinge vor allem schreien, anstatt friedlich in ihren Bettchen zu schlummern, dann kann das zur echten Krise für die Eltern werden. Gut, dass es Hilfe gibt.
Der Fachtag der Rotkreuz-Familienbildung beschäftigte sich vor diesem Hintergrund mit Regulations- und Schlafstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Hebammen, Krankenschwestern, Vertreterinnen von Fachdiensten und Interessierte lauschten den Vorträgen von Paula Diederichs vom WIKK - Weiterbildungsinstitut für ressourcen- und körperorientierte Krisenbegleitung in Berlin sowie von Miriam Nachtkamp, Leiterin der Schreibabyambulanz des Roten Kreuzes in Henrys Eltern-Kind-Kompetenzzentrum.
Atemübungen und Massage
Wichtig sei es, den betroffenen Eltern mit Empathie auf Augenhöhe zu begegnen, Probleme anzusprechen und sie in ihrer Elternkompetenz zu stärken. Wahrnehmungs- und Körperarbeit bei den Eltern, zum Beispiel in Form von Atemübungen und Massageangeboten gehören dabei ebenso zu den Hilfestellungen wie Hinwendung zu und Haltungsarbeit mit dem Baby, zum Beispiel mittels einer Knautschmassage zur verbesserten Körperwahrnehmung.
Eine allgemeine Definition bezeichnet Babys als sogenannte Schreibabys, wenn sie mehr als drei Stunden pro Tag, an mehr als drei Tagen pro Woche, über mehr als drei Wochen schreien. „Das ist aber nur ein Anhaltspunkt. Nach unserem Ansatz dürfen alle Eltern zu uns kommen, wenn sie erschöpft sind“, erklärt Paula Diederichs, die das WIKK - Weiterbildungsinstitut für ressourcen- und körperorientierte Krisenbegleitung in Berlin sowie die Schreibabyambulanz in Berlin Mitte leitet.
Ständiges Schreien sei ein hoher Stressfaktor, nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Eltern. Mit einer Lautstärke von 120 Dezibel könne ein Baby lauter werden als ein Presslufthammer. Zum Vergleich: Bei der Arbeit ist ab einem Lärmpegel von 85 Dezibel das Tragen eines Gehörschutzes verpflichtend.
Schreibabyambulanz in Weilerswist
Mit den Schreibabyambulanzen, wie es sie inzwischen auch in Henrys Eltern-Kind-Kompetenzzentrum des Roten Kreuzes in Weilerswist gibt, möchte man betroffenen Eltern eine Anlaufstelle geben: kostenlos, ohne Überweisung und ohne lange Wartezeiten. „Eltern von Schreibabys können leicht in eine Spirale der Überforderung und Anspannung geraten. Dort wollen wir ihnen heraushelfen“, sagt Miriam Nachtkamp, Leiterin der Schreibabyambulanz des Roten Kreuzes in Weilerswist.
Sie hat selbst die Ausbildung zur ressourcen- und körperorientierten Krisenbegleiterin bei Paula Diederichs absolviert, die das Konzept dazu selbst entwickelt hat. Darüber hinaus kann sie als Mutter eines Schreibabys auch aus persönlicher Erfahrung sprechen. Ihr Ziel ist es, Familien aus der Krisensituation herauszuholen und ihnen wieder eine liebevolle Eltern-Kind-Beziehung zu ermöglichen.
Gemeinsam möchten Miriam Nachtkamp und Paula Diederichs ab August eine zweijährige, zertifizierte Weiterbildung zur ressourcen- und körperorientierten Krisenbegleitung für Schwangerschaft, Geburt und Kleinkindzeit im DRK-Eltern-Kind-Kompetenzzentrum „Henry“ anbieten. Weitere Infos zu der Weiterbildung und einem ersten Kennenlernworkshop am Wochenende, 9. bis 11. Juni, gibt es unter www.wikk.eu.
Netzwerke schaffen
Neben den Vorträgen der beiden Krisenbegleiterinnen zu Regulations- und Schlafstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern sowie dem Erfahrungsbericht einer Mutter eines Schreibabys gab der Fachtag der Rotkreuz-Familienbildung auch die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und neue Netzwerke zu schaffen.
So stellten sich etwa einige Unterstützungsstellen wie die „Frühen Hilfen“ des Kreisjugendamtes, der Caritasverband Eifel und die Schreibabyambulanz des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen mit ihren Hilfsangeboten vor. „Wenn man mit solchen Krisen konfrontiert ist, ist es immer gut zu wissen, was es wo gibt“, weiß Heike Iven, Leiterin der Rotkreuz-Familienbildung.
pp/Agentur ProfiPress