Gemeinsam sicher durch Krisenzeiten
Pflegeunterstützungskraft werden: Mitmenschen in Ausnahmesituationen helfen und pflegen können – Kostenloses Pilotprojekt des Roten Kreuzes ab 19. Mai in Euskirchen Von Jakob Seibel
Euskirchen – Die Straßen sind überflutet. Autos fahren nicht, sondern treiben durch die mit Wasser gefüllten Straßen wie Schiffe ohne Kapitän. Die Telefonleitungen sind überlastet und große Sorge um die Angehörigen überwiegt. Zum Beispiel um die Tante, die sich mit Hilfe eines Alltagshelfers an den letzten Stücken ihrer Selbständigkeit festhält, oder um die bettlägerige Großmutter, die auf den täglich mehrfach kommenden Pflegedienst angewiesen ist.
Was nun? Fallen diese essentiellen Unterstützungen weg, würde man im Normalfall den Notruf wählen. Doch dieser wird in Krisenfällen vermutlich mehr als ausgelastet sein…
Termine im Mai und Juli
Eine Situation, die an die Flutkatastrophe von 2021 erinnert, die auch den Kreis Euskirchen schwer getroffen hat. Um in solchen Ausnahmefällen handlungsfähig zu sein und bedürftigen Familienmitgliedern oder Nachbarn in Not helfen zu können, bietet der Kreisverband des Roten Kreuzes ab Montag, 19. Mai, einen kostenlosen Kurs an. Anmelden kann man sich bei körperlicher Fitness ab 18 Jahren.
In vier Tagen bildet das Rote Kreuz hier interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer theoretisch und praktisch zu „Pflegeunterstützungskräften“ (PUK) aus, indem es ihnen grundlegendes Knowhow zur Pflege ihrer Mitmenschen an die Hand gibt. Ein zweiter Temin findet am 5. und 6. sowie 12. und 13. Juli statt. Bei Erfolg dieses Pilotprojekts wolle man das Kursangebot auf „alle Kreisverbände in Deutschland ausweiten“. Möglich macht das eine Kooperation des DRK-Landesverbandes Nordrhein e.V., der DRK-Schwesternschaft „Bonn“ e.V. und des DRK-Kreisverbandes Euskirchen e.V.
Hilfe im „Fall der Fälle“
Mitte März trafen sich die „Möglichmacher“ im Rotkreuz Zentrum Euskirchen / Eifel: Jens Pesch, Landesbeauftragter für den Betreuungsdienst im DRK-Landesverband Nordrhein e.V., Simone Pesch, Referentin für Pflege und Bevölkerungsschutz der DRK-Schwesternschaft „Bonn“ e.V., DRK-Kreisbereitschaftsleiter Lars Klein, Gladys Pietz, Referentin für Betreuungsdienst und Psychosoziale Notfallversorgung im DRK-Landesverband Nordrhein e.V., Fachbereichsleiter Patrick Dost und Daniel Larres, Leiter der DRK-Bildungsakademie Euskirchen.
Simone Pesch ist dank ihrer Expertise und langjähriger Erfahrung in der Pflege als Dozentin prädestiniert. „Ich begleite die Teilnehmenden theoretisch und praktisch. Dabei kann jeder mitmachen, der möchte.“ Gladys Pietz fungiert indes als Schnittstelle zwischen Landesverband und Kreisverband: „Wir wollen effektiv und niedrigschwellig unterstützen. Dank Simone sind wir dabei super aufgestellt und können so qualifizierte Hilfe zur Selbsthilfe leisten, während wir medizinische Dienste entlasten.“
Fachbereichsleiter Patrick Dost brachte es auf den Punkt: „Im Notfall wird man also in der Lage sein, hilfsbedürftigen Menschen bei der Körperpflege zu helfen, ihnen bei dem Verrichten der Notdurft zu helfen oder bettlägerige Menschen zu lagern.“ Geübt wird sowohl mit haushaltsüblichen Hilfsmitteln als auch mit Pflegematerialien. Das bedeutet konkret, dass im „Fall der Fälle“ die Großmutter nicht mehr auf Hilfe von außen angewiesen ist und qualifizierte Hilfe aus der eigenen Familie oder Nachbarschaft erhält.
Sinnvoll ist das „Programm Pflegeunterstützungskraft“ aber gleich doppelt. Jens Pesch: „Wenn wir mit Ausnahmezuständen jeglicher Art konfrontiert sind, kann es gut sein, dass wir die Pflegeunterstützungskräfte (PUK) in der Region für Hilfeleistungen kontaktieren. Bei Interesse können diese uns freiwillig in Pflegeeinrichtungen und unter Leitung von Fachkräften unterstützen. Eine Win-Win-Situation also.“
Von Euskirchen ins ganze Land
Gemeinsam hatte man den Kreis Euskirchen als idealen Standort für das Pilotprojekt ausgesucht. Durch die „sehr gute Zusammenarbeit“ zwischen Schwesternschaft, Landes- und Kreisverband sei dies „eine logische Schlussfolgerung“ gewesen. Basis war ein bundesweites Programm der vier Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Malteser Hilfsdienst (MHD) und Johanniter-Unfallhilfe (JUH). Hier hatte man ein gemeinsames Curriculum ausgearbeitet, an dem sich „Möglichmacher“ in ganz Deutschland orientieren können.
Am Beispiel von Schwesternhelferinnen- und Pflegediensthelfer-Programmen, die zu Zeiten des Kalten Krieges ins Leben gerufen und Anfang Ende der 1990er Jahre wieder beendet wurden, setzten sich die vier großen deutschen Hilfsorganisationen das Ziel, ein Prozent der Bevölkerung auszubilden, damit diese ihre Mitmenschen in der Not versorgen können. Geboren war die Pflegeunterstützungskraft. Auslöser waren die Sorge vor durch den Klimawandel zunehmende Naturkatastrophen, die durchwachsene außenpolitische Lage sowie der zunehmende Pflegekräftekräftemangel.
Anmelden können sich Interessierte vorzugsweise online unter www.drk-eu.de/puk um diese kostenlose Fortbildung zu machen, die bei Erfolg deutschlandweit, ähnlich zu Erste-Hilfe-Kursen, kostenpflichtig angeboten wird. Bei weiteren Rückfragen oder zur persönlichen Anmeldung melden Sie ich gerne bei Daniel Larres, Leiter der DRK Bildungsakademie Euskirchen per mail an dlarres(at)drk-eu.de oder unter der 02251791183. Damit Großmutter, Onkel und Co. auch in den schwierigsten Zeiten wissen, dass sie nicht alleine sind – und auf ihre Helden aus Familie oder Nachbarschaft zählen können.
Jakob Seibel/pp/ProfiPress