Kommern - Zeit des Schwelgens und der Arbeit
Traditionsveranstaltung „Nach der Ernte“ lockte am Wochenende knapp 8000 Menschen ins LVR-Freilichtmuseum Kommern. Jeder bleibt im Schnitt fünf Stunden lang, ein Riesenkompliment für Museumsleiter Dr. Josef Mangold und seine Mannschaft – Dank an das Rote Kreuz im Kreis Euskirchen, das wie immer über die Gesundheit und Sicherheit tausender Menschen wachte - Ochsen-, Pferde, Kuhgespanne, Lokomobile und alte Trecker zogen Geräte und zeigten Arbeitsweisen aus verschiedenen Epochen.
Mechernich-Kommern – Am Wochenende waren wieder die sagenhaften „Tage nach der Ernte“ im LVR-Freilichtmuseum in Kommern. Knapp 8000 Besucher aus dem weiten nordrhein-westfälischen und rheinland-pfälzischen Umland, aber auch aus den Benelux-Nachbarländern, dem Saarland und Hessen strömten diesmal zusammen, um Ernteverfahren und hauswirtschaftliche Arbeitsweisen längst vergangener Tage mitzuerleben.
Wie immer bei Großveranstaltungen im LVR-Freilichtmuseum Kommern, aber auch im übrigen Kreis Euskirchen, waren am Samstag und Sonntag Teams des Roten Kreuzes mit mehreren Fahrzeugen im Einsatz, um die medizinische Sicherheit von Tausenden von Besuchern zu gewährleisten. Wie Sascha Suijkerland vom Roten Kreuz im Kreis Euskirchen berichtete, mussten die ehrenamtlich Dienst tuenden Frauen und Männer aber nur bei Kleinigkeiten eingreifen. Ein zu Boden gestürzter Besucher musste allerdings mit dem Rettungswagen ins Kreiskrankenhaus Mechernich eingeliefert werden.
„Das ist was für Kopf, Herz und alle Sinne“, freute sich das Besucherpaar aus Ahrweiler in der Kommerner Museumsbaugruppe „Bergisches Land“. Gemeint waren die Tage „Nach der Ernte“, die am Wochenende wieder einmal im LVR-Freilichtmuseum Kommern begangen wurden.
Knapp 8000 Besucher, davon allein 5167 am Sonntag, kamen, sahen und genossen, wie ehedem in den rheinischen Landschaften Eifel, Westerwald, Bergisches Land, Kölner-Bonner Bucht und Niederrhein mit der Zeit nach der Ernte eine Zeit des Schwelgens anbrach, aber auch des Dreschens und Einmachens für den Winter.
Unser Ehepaar um die 50 hatte im Bergischen Land gerade bei Rosemarie Johnen frische Pflaumen sowie Äpfel und Birnen als Dörrobst gekostet - und bei Anita Wolfgarten und Sabine Roggendorf frisch gebackene Hefepfannkuchen mit Apfelstücken. Anschließend stillten die beiden bei Johanna Hilger und Josefine Sievernich ihren Wissendurst und ließen sich ausgiebig erklären, wie früher „Kappes“ und „Schavour“ für den Winter haltbar gemacht wurden.
Seit Jahren sind die 1985 erstmals begangenen „Tage nach der Ernte“ mit Arbeitsdemonstrationen und Vorführungen verbunden, bei denen jede Menge schwere Arbeitspferde, aber auch alte Traktoren und Landmaschinen sowie Kuh- und Ochsengespanne zum Arbeitseinsatz kommen. Die Menschen im weiten Umland goutieren die „Tag nach der Ernte“ traditionell mit großem Besucherandrang.
2009 wurde bei der 25. Veranstaltung eine durchschnittliche Verweildauer von fünf Stunden ermittelt, während derer die Besucher den landwirtschaftlichen und hauwirtschaftlichen Vorführungen zuschauen. Und essen, trinken und kaufen, was an Köstlichkeiten, aber auch an Korbwaren, Textilien, an Ort und Stelle gebundenen Besen, Spielzeug und Pferdegeschirr angeboten wird. „Das ist sensationell lange“, freute sich Museumschef Dr. Josef Mangold.
„Nach der Ernte“ ist eine der erfolgreichsten Großveranstaltungen des Kommerner Freilichtmuseums – und hat sich am Wochenende auch in Konkurrenz zu einer ganzen Reihe anderer Events im nahen Umland publikumsmäßig bewährt. Gleichwohl wollen Museumschef Dr. Josef Mangold und seine engagierte Crew sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern weiter an Details arbeiten.
Deshalb sollen in Zukunft alte Geräte und Arbeitsweisen mehr und besser erklärt werden, damit das Kommerner Museumskonzept von der „Volkskunde zum Anfassen“ auch weiter funktioniert. Denn es gibt kaum noch Opas und Omas, geschweige denn Mütter und Väter, die die gezeigten Geräte und Arbeitsweisen noch kennen und den Kindern und Jugendlichen erklären könnten.
Josef Mangolds Stellvertreter Dr. Michael Faber sagte im Zeitungsinterview: „Wir werden unser museumspädagogisches Angebot künftig noch stärker in diese Richtung erweitern!“ Wann kamen im Getreidedrusch Flegel und Fauche zum Einsatz? Wo und wann tauchten die ersten Mähbinder und Dreschmaschinen auf? Wie kam es, dass der Mähdrescher alle bis dahin da gewesenen Ernteverfahren revolutionierte?
Gezeigt wird bei den Tagen „Nach der Ernte“ die ganze Entwicklung der Landtechnik seit der Industriellen Revolution. Pferde-, Kühe- und Ochsengespanne, Lokomobile, Lanz-Bulldogs und die ersten Frontlader-Schlepper wurden im Stand und in Aktion gezeigt. Zweimal pro Tag zog ein Corso dieser Arbeitsgespanne durchs Museum.
Auch im Wald und auf den großen Wiesen der Baugruppe Niederrhein wurden Tiere und Maschinen im Einsatz gezeigt. Inklusive eines Strohmietenbrandes, den die historische Feuerwehr aus Stommeln und Pulheim löschte und dabei die Besucher eine Eimerkette für den Löschwassertransport von der Pumpe zum Brandherd bilden ließ.
Das Museum weiß auch komplexe geschichtliche Fragen anschaulich aufzuarbeiten. So erfuhren Unbedarfte, warum es speziell in der Eifel so viele und so kleine Höfe gab. Der Grund war die Realteilung in der Landwirtschaft, wobei jedes Kind einen gleich großen Anteil am Land bekam. Als die Kindersterblichkeit zurückging, führte das zu einer Aufsplittung Eifeler Ländereien in zahlreiche Kleinst-Bauernhöfe, die jeder für sich nicht mehr die existenziellen Bedürfnisse ihrer Bewirtschafter decken konnten. Das erklärt auch, warum gerade rund um den Mechernicher Bleiberg, an dem auch das LVR-Freilichtmuseum Kommern liegt, früher viele Bauern gleichzeitig auch Bergleute waren: Weil die Landwirtschaft allein die Familie nicht ernähren konnte.