Mechernich - Nach der Übung kam der Ernstfall
Riesige Katastrophenschutzübung im Bundeswehrdepot West am Standort Mechernich – Etwa 400 Teilnehmer – Bundeswehrfeuerwehr und zivile Kräfte sollten sich besser kennenlernen – Rotes Kreuz stellte zahlreiche „Verletzte“
Mechernich – Wie nah Übung und Realität beieinanderliegen, bemerkte jetzt die Feuerwehr der Bundeswehr in Mechernich. Am Nachmittag noch war die Bleibergkaserne Schauplatz einer Großübung mit rund 400 Teilnehmern und zahlreichen Zuschauern. Der von einer Nebelmaschine verursachte Rauch war, übertrieben dargestellt, gerade aus dem Lager verzogen, da musste die Bundeswehr-Feuerwehr in den echten Einsatz.
Ein Stahlträger hatte sich in der Nacht über einem der Lüftungsschächte der Untertageanlage gelöst. Bereits nach zwei bis drei Metern stoppte ein Metallgitter den Sturz. Dank der Überwachungstechnik am Schacht wurde der Vorfall bemerkt. Weil der Lüftungsschacht sich außerhalb militärischer Liegenschaften befindet, wurde auch die Mechernicher Wehr alarmiert. Am Folgteag wurde der Träger schließlich von der Bundeswehr entfernt, die auch die weiteren Schächte prüfen wird. Verletzt wurde niemand, auch der Betrieb der Untertageanlage war laut Bundeswehrinformationen nicht beeinträchtigt.
Wäre dieser Vorfall ein paar Stunden vorher passiert, wäre ein Großaufgebot von Feuerwehr, Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen direkt vor Ort gewesen. Die Bundeswehr stellte dem Kreis Euskirchen für eine Katastrophenschutzübung ihr Gelände, genauer: eine Logistikhalle im Depot West, zur Verfügung. Dort hat es, so der Einsatzbefehl, eine Explosion gegeben. 71 Mitarbeiter seien verletzt.
Dank der Nebelmaschine der Feuerwehr Euskirchen qualmte es ordentlich aus den Bürofenstern im Obergeschoss. Dieser Trakt war so verraucht, dass man die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Dutzende Freiwillige harrten in dem Disco-Nebel aus, um zu Übungszwecken gerettet zu werden. Die insgesamt 71 „Verletzten“ stammten unter anderem vom Roten Kreuz und der Feuerwehr. Von 9 Uhr an wurden sie geschminkt und auf den Ernstfall vorbereitet.
Einige lagen in der Halle zwischen Kartons, andere spielten, als seien sie in einem Schockzustand und liefen auch nach ihrer Rettung ständig zurück in die Einsatzstelle – oder ließen sich gar nicht erst nach draußen geleiten und waren renitent, wie Sascha Suijkerland von der DRK-Bereitschaft Mechernich. „Ich hatte heute Morgen beim Aufstehen schon so ein dummes Gefühl“, brüllte er und hatte sichtlich Freude an seiner Rolle. In Ruhe gelassen wolle er werden, sein Mittagessen genießen, dass ihm bei der Explosion um die Ohren geflogen war.
Als die Feuerwehr eine Trage zurückließ, schnappte sich Suijkerland das gute Stück und marschierte damit schnurstracks in die hinterste Ecke, wo er sich weigerte, die Halle zu verlassen. Erst nach gutem Zureden begleitete er die Feuerwehrleute nach draußen. Wie Suijkerland und Kollegen berichten, seien diese Renitenz und die ständige Rückkehr an den Einsatzort unter Schock oft bei Opfern zu beobachten.
Zusammenarbeit besonders wichtig
Diese Übung war für Einsatzkräfte von Bundeswehr- und ziviler Feuerwehr enorm wichtig. Sprechen beide Parteien, die an einem Strang ziehen, überhaupt dieselbe Sprache? Wie funktioniert die Zusammenarbeit? Wo gibt es Schwachstellen, die erkannt und ausgemerzt werden können? „Es geht auch ums Kennenlernen und darum, ob die Kommunikations- und Meldewege eingehalten werden“, erklärt Brandinspektor René Feix von der Bundeswehrfeuerwehr.
„Sie können doch mal bei der Bundeswehr üben“, hatte Oberstleutnant Reinhard Fack vom Kreisverbindungskommando der Bundeswehr dem Kreis Euskirchen vorgeschlagen. Zwar nimmt die Bundeswehrfeuerwehr gerne an solchen Großübungen teil, dann ist sie aber Gast. „Wir haben das Angebot angenommen, und deshalb findet eine solche Großübung erstmals außerhalb der Kreisstadt Euskirchen statt“, weiß Martin Fehrmann von der Abteilung Gefahrenabwehr beim Kreis. Dies hat rein logistische Gründe: Da die Großübungen oft den Abschluss eines Lehrgangs bilden, wäre die Fahrtzeit zum Übungsort außerhalb Euskirchens einfach zu zeitaufwendig.
Nach besagter „Explosion“ greift zuerst die interne Notfallplanung. Die in der Bleibergkaserne stationierten Kräfte rücken aus und prüfen die Lage. Derweil löst der Disponent in der Alarmzentrale der Bundeswehrfeuerwehr den „Massenanfall von Verletzten“ aus und alarmiert die Kreisleitstelle. Die rund zehn Bundeswehrfeuerwehrleute wurden schnell von 300 Einsatzkräften, bestehend aus Feuerwehrleuten aus Weilerswist und Zülpich, Rettungskräften vom Kreis-Rettungsdienst, dem Deutschen Roten Kreuz, dem Malteser Hilfsdienst und dem THW Euskirchen und Schleiden unterstützt.
Sogar die DRK-Bergwacht-Einheiten aus Euskirchen und Oberberg nutzten die Gelegenheit. Denn im hinteren Bereich der Logistikhalle befindet sich ein 22 Meter hoher Turm. „In dem wurden früher Fallschirme aufgehängt“, weiß Oberstleutnant Winfried Schreiber, Stellvertreter des Standortältesten. Ein im Treppenhaus auf der obersten Plattform abgelegter Dummy sollte von der Bergwacht durch den Treppenhaus-Schacht nach unten transportiert werden.
Im Anschluss an diese Höhenrettung war der Probeeinsatz nach mehr als zwei Stunden beendet. „Diese gemeinsame Übung hat uns ganz weit nach vorne gebracht“, ist sich René Feix sicher.
pp/Agentur ProfiPress