Euskirchen - Im „Papaladen“ kann man keine Väter kaufen
Erster NRW-landesweiter Praxistag zum Thema „Väter in der Familienbildung“ fand beim Roten Kreuz in Euskirchen statt – Viel Lob für das Netzwerk „besser weiter bilden im Kreis Euskirchen“ – Hilfreiche Referate und spannende Podiumsdiskussionen, in die auch die Experten/inn/en aus dem Auditorium eingriffen.
Kreis Euskirchen/Eifel – Der erste von drei NRW-landesweiten Praxistagen im Rahmen des Projektes „Väter 2010“ der Landesarbeitsgemeinschaft Familienbildung in NRW fand jetzt in Euskirchen statt. Gastgeber war das Netzwerk „besser weiter bilden im Kreis Euskirchen“ unter Federführung des Roten Kreuzes.
Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Zimmermann konnte zu der Fortbildungsveranstaltung rund 50 Vertreter/inn/en von Familienbildungseinrichtungen im ganzen Rheinland begrüßen.
Darunter auch Dr. Katrin Kaufmann vom Ministerium für Familie in Düsseldorf und Karin Lehmann, eine von zwei Organisatorinnen (mit Bärbel Gebert), die das Projekt „Väter 2010“ in Nordrhein-Westfalen entwickelt und organisiert haben.
Die Fragestellung des Praxistages in Euskirchen lautete schlicht und ergreifend: Wie spreche ich Männer und Väter überhaupt an – und was muss ich ihnen in welcher Form bieten, damit sie Angebote der Familienbildung freiwillig und gerne annehmen, also ohne dass ihre Frau sie „hinschickt“, was noch immer und oft geschieht.
Dass die Frage nicht unberechtigt ist, stellte Eberhard Schäfer gleich zu Beginn fest: Fast nirgendwo in der Familienbildung gebe es speziell für Väter gemachte, geeignete und akzeptierte Angebote.
Man müsse „Väter da abholen, wo sie sind - nicht erst umändern wollen“, so der 1962 geborene Vater eines erwachsenen Sohnes, Diplom-Politologe, Autor und Journalist, der 2007 in Berlin das bundesweit viel beachtete Papa-Institut gegründet hatte.
In seinem Berliner „Papaladen“ gibt es eine Riesen-Carrera-Bahn, Dart- und Kickerspiele und zur Fußball-EM für Väter und Kinder perfekt organisierte Rahmenbedingungen, damit man unbekümmert Fernsehen gucken kann. Im „Papaladen“ werde keiner „geschult“ oder „trainiert“, sondern allenfalls „beraten“, so Schäfer. Und wer in den „Papaladen“ geht, sei imagetechnisch auch kein „Weichei“, sondern ein „Trendsetter“.
Das waren wichtige Hinweise über die Psychologie des Mannes als Objekt der Familienbildung, wie Teilnehmer/inn/en befanden. Vor allem die Praktikerinnen im Auditorium steuerten auch eigene Erfahrungen mit Männern in der Familienbildung bei. Zum Beispiel die, dass Kurse für Väter besser laufen, wenn sie nicht von Frauen, sondern von Männern geleitet werden.
Eine Akzeptanzfrage, die aber nicht unbedingt immer und überall zutreffen muss, denn Ilona Raabe, die Leiterin des Familienbildungswerks des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen, hat in der Vergangenheit gerade mit einer Frau als Leiterin von Väter-Kind-Angeboten („Komm Papi, wir gehen in den Wald“) hervorragende Erfahrungen gesammelt.
Beim Euskirchener Praxistag wurden nicht nur Referate gehalten. Heike Trottenberg von der Steuerungsgruppe der Landesarbeitsgemeinschaften der Familienbildung in NRW, selbst „Frontfrau“ in Sachen Väterarbeit und Leiterin der Familienbildung des Roten Kreuzes in Hilden, gab eine Einführung ins Projektkonzept „Väter 2010“.
Eberhard Schäfer gab dann Praxiserfahrungen aus seinem Arbeitsgebiet preis, zu dem nicht nur der 2007 gegründete „Papaladen“ gehört, sondern auch die bereits 2002 gestartete „Familienbildung für Väter“ (Väterzentrum) des Trägers „Mannege e.V.“, ebenfalls in Berlin.
Auch der Buchautor Ansgar Röhrbein referierte in Euskirchen. Der 45-Jährige Vater dreier Kinder ist unter anderem Diplom-Pädagoge, Familien-Therapeut, Systemischer Supervisor, Lehrtherapeut, Heilpraktiker für Psychotherapie, Notfallseelsorger, Traumaberater und Verfasser des Leitfadens „Mit Lust und Liebe Vater sein - Gestalte die Rolle deines Lebens“.
In mehreren Podiumsdiskussionen stellten sich Referenten und Experten den Fragen des Moderators Manfred Lang und des sachkundigen Publikums.
In einer ersten Podiumsrunde diskutierten der Referent Eberhard Schäfer, Heike Trottenberg vom Familienbildungswerk des Roten Kreuzes in Hilden und von der Steuerungsgruppe der Landesarbeitsgemeinschaften der Familienbildung in Nordrhein-Westfalen, Bernhard Rietfort vom Katholischen Forum Eifel und Thomas Strauch, der Geschäftsführer des Kreissportbundes Euskirchen.
Ihr übereinstimmendes Resümee lautete: Die Quote in der Familienbildung teilnehmender Väter ist im Kreis Euskirchen gar nicht so schlecht. Mit einer anderen Ansprache und erweiterten Angeboten könne man sicher mehr erreichen.
Ein fixer Treffpunkt, wie ihn das Rote Kreuz mit dem Mehr-Generationenhaus in der Kommerner Straße in Euskirchen bieten kann, wäre in den Augen vieler Familienbildungsexperten wichtig.
Und immer wieder, halb ernst, halb im Scherz, kam der Hinweis auf die Riesen-Carrerabahn im Berliner „Papaladen“. Thomas Stiehl von der Euskirchener Caritas: „Das kann ich mir schon gut vorstellen, dass das zieht!“ Es gab aber nicht nur Lob der Praxistagteilnehmer für die von den Referenten präsentierten Praxisbeispiele guter Väterarbeit.
Auch Ansgar Röhrbein und Eberhard Schäfer waren voll des Lobes für das Rote Kreuz im Kreis Euskirchen und das Netzwerk „besser weiter bilden im Kreis Euskirchen“, zu dem neben den jetzt beim Praxistag federführenden Organisationen (Rotes Kreuz im Kreis Euskirchen, Kreisportbund, Haus der Familie, Katholisches Forum) auch Arbeiterwohlfahrt (Awo), Katholisches Bildungswerk Euskirchen, Frauenbildungshaus Ülpenich, Volkshochschulen (Kreis und Stadt) sowie das Bildungswerk Nettersheim gehören.
„Sie machen ja schon eine ganze Menge und das, wie es scheint, hervorragend und mit großem Erfolg“, sagten die beiden Hauptreferenten im Angesicht des im Rotkreuzzentrum Kreis Euskirchen/Eifel ausgelegten Bild- und Informationsmaterials.
Es gab viel Lob der überregionalen Experten für die Vorbereitung und Durchführung des Praxistages „Väter 2010“ seitens des Roten Kreuzes und des Netzwerks „besser weiter bilden im Kreis Euskirchen“.
Auch für Edeltraud Engelen und die Logistikcrew des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen, die sowohl für das leibliche Wohl gesorgt, als auch an organisatorische Feinheiten wie die Ausgabe von Namensschildern an alle Teilnehmer/inn/en, Infomaterial und funktionierende Vortragstechnik gedacht hatten.
Das Auditorium lauschte nicht nur der ersten eingangs erwähnten Talkrunde gespannt, sondern auch den zwei weiteren Podiumsdebatten, in die die Expert/inn/en im Auditorium beherzt eingreifen konnten – und dies auch taten.
In der zweiten Runde stellten sich Reinhild Heuer, die Leiterin des Hauses der Familie in Euskirchen, der Referent Ansgar Röhrbein, Ilona Raabe, die Chefin des Familienbildungswerkes beim Roten Kreuz im Kreis Euskirchen, und Patrick Dost, ein Rotkreuz-Mitarbeiter, aber auch Vater und Teilnehmer an Bildungsveranstaltungen für Väter, der Diskussion.
Die abschließende dritte und letzte Diskussionsrunde bestritten Eberhard Schäfer, Politologe und Begründer des Berliner „Papaladens“, Dr. Katrin Kaufmann vom Ministerium für Familie in Düsseldorf, Ansgar Röhrbein, Diplom-Pädagoge, Dozent, Therapeut und Buchautor aus Lüdenscheid, sowie Thomas Stiehl von der Schwangerschafts- und Väterberatung des Kreiscaritasverbandes Euskirchen.
Bevor Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Zimmermann die Teilnehmer des ersten NRW-landesweiten Praxistages „Väter 2010“ verabschiedete, fasste Moderator Manfred Lang den Nachmittag nicht nur inhaltlich, sondern auch meditativ zusammen.
Der Journalist und Ständige Diakon mit Zivilberuf im Bistum Aachen gewährte einen Blick auf biblische Vaterfiguren und sich wandelnde Vorstellungen von „Gott, Vater“. Lang warb für einen entspannten Umgang der Familienbildungsorganisationen mit Vätern: „Gehen Sie vorurteilsfrei auf die Männer zu und holen sie da ab, wo sie gerade stehen. Jeder Papa ist anders – und man kann im »Papaladen« keine perfekten Väter kaufen . . .“