Ghana - Jugendrotkreuzlerin für ein Jahr in Afrika (3)
Hier der dritte Bericht unserer Jugendrotkreuzlerin Cathryn Bassett, die für ein Jahr in Afrika leben wird, um dort in einem Krankenhaus mitzuhelfen. Was man in Afrika nicht alles erleben kann...
Pleiten, Pech, Pannen und endlich ein Lichtblick ...
... mein zweiter Monat in Ghana begann mit einem Bad im Abwasserkanal und einem verstauchten Fuβ (der allerdings Dank der guten Fürsorge meiner Gastmutter schnell wieder verheilt war).
Während eines Abendspaziergangs durch Akwatia habe ich im Dunkeln eine der unzähligen Abwasserrinnen am Straβenrand übersehen und fand mich wenige Sekunden später, nach einer sehr unsanften Landung, in den Abwässern unserer Stadt wieder.
Wer hier im Dunkeln nicht ganz genau aufpasst, hat schnell ein Problem, denn ich bin nicht die erste und bestimmt nicht die letzte Freiwillige, die diese Erfahrung machen wird, „BUT THAT’S GHANA ...“
Nach diesem durchaus schmerzhaften und extrem ekelhaften Missgeschick ging der noch verbleibende Monat Oktober leider auch nicht besser weiter. So hing ich nur ein Wochenende später völlig abgebrannt und pleite in der Stadt Koforidua fest.
Nicht, dass ich kein Geld mehr auf meinem Konto gehabt hätte, ganz im Gegenteil. Nur leider verhielt es sich so, dass ausgerechnet an diesem Wochenende in der gesamten Stadt kein funktionierender ATM (VISA) Automat zu finden war, bei dem es möglich gewesen wäre, ein bischen Geld für die Heimreise nach Akwatia abzuheben.
Das bedeutete für mich abwarten, sich bei den andere Freiwilligen ein bisschen Geld für Hotel und Essen schnorren und hoffen, dass bald wieder alles in Ordnung sein wird. Zum Glück musste ich in diesem Fall nur bis zum darauf folgenden Montag warten, bis ich meine Heimreise mit ausreichend Geld in der Tasche antreten konnte. Mir ist allerdings immernoch ziemlich schleierhaft, wie es passieren konnte, dass alle sieben ATM Automaten in Koforidua zur gleichen Zeit ausfielen. „BUT THAT’S GHANA ...“
Zu allem Überfluss fiel mir dann auch noch auf, dass mein Visum Ende dieses Monats ausläuft, da man mir in der ghanaischen Botschaft in Berlin das falsche Visum ausgestellt hatte. Anstelle eines zwölf Monate gültigen multiple Entry Visums, habe ich nur ein Drei-Monats-Visum bekommen, was für meine Absicht, ein ganzes Jahr in Ghana zu verbringen, nicht nur völlig ungeeignet ist, sondern auch nur ein fünftel von dem gekostet hätte, was ich für mein vermeintliches Zwölf-Monats-Visum bezahlt habe.
Das bedeutete für mich also, mal eben schnell nach Accra fahren und den Fehler kurzer Hand im Immigration Office korrigieren lassen ... (ein Glück dass ich die Quittung für das bezahlte Visum in meinen Koffer gepackt hatte) ... von wegen!
Als ich nach etwas mehr als vier Stunden Fahrzeit endlich in Accra angekommen war, teilte man mir im „Immigration Office“ mit, dass man mir dort leider nicht weiterhelfen könne und ich mich an das „Ministry of Foreign Affairs“ wenden solle (wo man mir kurze Zeit später ebenfalls mitteilte, dass man mir in meinem Anliegen nicht weiterhelfen könne, da „Visa Issues" eindeutig in den Zuständigkeitsbereich des „Immigration Office“ fielen).
Nach einer scheinbar endlosen Zeit des Wartens und Rumsitzens und etliche Telefongespräche später, die zwischen Ghana, Deutschland, der Elfenbeinküste, und Togo gefüht wurden, war klar: Mein Pass muss zurück nach Deutschland, um den Fehler dort korrigieren lassen zu können.
Da ich nicht ohne Pass und ohne Visum ein bis zwei Monate (angenommene Dauer) durch Ghana spazieren kann, bekam ich anschlieβend einen offiziellen Brief vom ghanaischen Auβenminister, der mich zum Aufenthalt in Ghana auch ohne Pass und gültiges Visum berechtigt.
Die ganze Prozedur dauerte alles in allem ganze zwei Tage lang, die ich natürlich, ohne darauf vorbereitet zu sein, in Accra verbringen musste (zum Gück hatte ich wenigstens meine kleine Reisezahnbürste dabei, so dass ich mir wenigstens die Zähne putzen konnte). „BUT THAT’S GHANA ...“
Zu guter Letzt ist dann auch noch mein frisch installierter Ventilator, mitten in der Nacht, von der Decke geknallt; vermutlich um den „Monat des Pechs“ letztendlich perfekt zu machen.
Alles in allem könnte man den Monat Oktober als eine absolute Katastrophe bezeichnen, an die ich mich jedoch scheinbar ganz allmählich gewöhnt zu haben scheine, denn ich kann stolz von mir behaupten, dass ich viele der Ereignisse mittlerweile mit „ghanaischer Gelassenheit“ sehe. „THAT’S GHANA ...“
Ganz im Gegensatz zu meinen persönlichen Unglücken, lief der Monat Oktober im Bezug auf meine Arbeit im Krankenhaus mehr als gut. Das St. Dominics Hospital ist um einiges größer als ursprünglich angenommen. Es besteht wie jedes andere Krankenhaus auch aus O.P.D. (Patientenaufnahme), Casualty (Notaufnahme), Day Care (Ambulanz), Theaters (Operationsräume), Labor und den einzelnen Stationen (Male- und Female Ward, Childrens Ward, Maternity Ward, Fever Ward usw.).
Dazu kommen im Fall des St. Dominics aber auch noch eine Pharmacy (Apotheke), die Eye und Dental Clinics, zwei Schulen, Gäste- und Angestellten Häuser, mehrere Beratungstellen, eine Bücherei, eine Wäscherei und das Konvent, in dem die Domenikaner Schwestern leben.
Auf meiner Station (Childrens Ward) bin ich, ganz im Gegensatz zu dem was ich in meinem letzten Monatsbericht geschrieben habe, vollkommen eingespannt. Zu meinen Aufgaben gehören neben Pflaster kleben, Verbände wechseln und Zugänge entfernen, auch Betten machen, Kinder umziehen, Windeln wechseln, Füttern, Desinfektion von Werkzeugen und Einrichtung, das Abholen von Patienten aus dem OP und verschiedene Kuriergänge zur Pharmacy oder zum Labor.
Als meine wichtigste Aufgabe betrachte ich jedoch die Aufgabe, die ich mir persönlich zur Hauptaufgabe gemacht habe. Seit Anfang dieses Monats, nachdem ich in einem Abstellraum ein paar Kinderspielzeuge und Bausteine gefunden habe, gebe ich den Kinder auf der Station, die sich wieder etwas besser fühlen die Möglichkeit, mit diesen Spielsachen zu spielen und versuche jeden Tag eine ein- bis zweistündige Spielstunde durchzuführen.
Wie sich in einem Gespräch mit Schwester Fatima herausstellte, war der Raum den ich anfänglich für einen Abstellraum gehalten habe, eigentlich gar kein Abstellraum, sondern das ehemalige Spielzimmer, welches nur vorübergehend als solcher genutzt wird.
Seit diesem Gespräch ist es mein oberstes Ziel, nicht nur die regelmäßigen Spielstunden durchzuführen, sondern auch das etwas heruntergekommene Spielzimmer vor meiner Abreise im nächsten Jahr wieder neu ein- und herzurichten...