Kommern - Mensch und Vieh bei der Arbeit
Rotes Kreuz vor Ort beim Wochenende „Nach der Ernte“ im LVR-Freilichtmuseum Kommern - Fast zehntausend Besucher – Getreide dreschen, Flachs verarbeiten, Obst und Gemüse für den Winter haltbar machen
Mechernich-Kommern – Das Rote Kreuz war einmal mehr vor Ort im Einsatz, um für die Gesundheit und Sicherheit der Besucher von Großveranstaltungen des LVR-Freilichtmuseums Kommern zu sorgen. Doch bis auf einige kleine Blessuren blieben Sascha Suijkerland und seine Mitarbeiter vom Rotkreuz-Ortsverein Mechernich „arbeitslos“. Dabei war am Samstag und vor allem am Sonntag der „Bär“ los, als im LVR-Freilichtmuseum die Tage „Nach der Ernte“ begangen wurden.
Wenn die Wiesen und Weiden am rheinwärts gelegenen Nordostabhang des Kommerner Kahlenbuschs nach und nach mit parkenden Pkw-Reihen überzogen werden, dann sind in der Regel zwei Dinge zusammengekommen: Eine der attraktiven Großveranstaltungen des LVR-Freilichtmuseums Kommern – und idealtypisches Wetter. Beide Komponenten trafen am Sonntag ein - und verwandelten das weitläufige Abbild der Rheinlande früherer Tage in einen von fast zehntausend Menschen bevölkerten Erlebnispark.
Was dort erlebt werden konnte, waren jene wegen ihrer nicht mehr für möglich gehaltenen Normalität anfallenden Arbeiten in Haus und Hof, die ehedem nach Einbringen der Ernte getan werden mussten. Im LVR-Freilichtmuseum Kommern wurde einmal mehr Getreide geerntet, eingefahren und gedroschen. Und zwar nach unterschiedlichen Verfahren mit Flegel, Windfege und vergleichsweise moderner Dreschmaschine plus Ballenpresse.
Aber es wurde auch Obst und Gemüse eingemacht und gedörrt, zu „Suurem Kappes“ gestampft oder zu „Suur Bonne“ in Steinguttöpfen eingelegt. „Braune“ Feldarbeit mit von Pferden und Ochsen gezogenen Pflügen, Grubbern und Eggen wurde vorgeführt.
Herzwein und Kräuterliköre wurden „aufgesetzt“, Mausefallen wie einst in Neroth aus Draht angefertigt, Flachs verarbeitet, Körbe geflochten, Besen gebunden, Textilien gefilzt, Gerste gemalzt, Holz gerückt, Sensen gedengelt, Garn gebleicht und über 300 Kilogramm Apfel-Hefepfannenkuchen gebacken und zum Verzehr angeboten.
Museumsdirektor Dr. Josef Mangold und sein Stellvertreter Dr. Michael H. Faber hatten mit ihrem engagierten Museumsteam wieder das Wochenende „Nach der Ernte“ inszeniert, das diesmal noch mehr als in den Vorjahren zum Mitmachen einlud.
So konnten die Besucher des Freilichtmuseums lernen, wie man früher Garben band und aufstellte, sie konnten „Kappes“ stampfen, Sensen dengeln und bei der Gewinnung von Leinen aus der Flachspflanze mithelfen. Es wurde aber auch viel dörfliches Handwerk wie Dacheindeckung mit Reed, das Beschlagen der Arbeitspferde, der Mühlenbetrieb oder Korbflechten demonstriert. Auch die vierbeinigen Helfer, ohne die alles noch viel mühseliger gewesen wäre, kamen zu Ehren: schwere Kaltblut-Pferde und Zugochsen. Etwa 45 Rösser und Ochsen bildeten einen stattlichen Korso, der vom Pingsdorfer Tanzsaal zur Baugruppe „Niederrhein“ zog.
Mit dabei waren Ardenner, Glanvieh , Percherons, Belgier und Rheinisch-Deutsches Kaltblut, auch das Brabanter Kaltblut „Irko“, das unlängst bei der Rückepferde-Meisterschaft in Monschau Reservesieger geworden war.
In früheren Zeiten wurden Lebensmittel durch Trocknen im Schatten, Dörren in der Sonne, Einsalzen oder Einpökeln, Einlegen in Salzwasser, Einsäuern in Essigwasser und Eindicken in Zuckerwasser konserviert. Zum Standeszeichen der „tüchtigen Hausfrau“ schlechthin avancierten schließlich vor 100 Jahren die Weckgläser mit Eingemachtem in den Regalen.
Während am gegenüberliegenden Stand sechs Zentner Mehl zu köstlichen Apfelpfannkuchen verarbeitet wurden, absolvierten Dr. Josef Mangold und Dr. Michael H. Faber einen Kurzlehrgang bei Dengler Albert Schmitz, der die fast in Vergessenheit geratene Kunst seit Jugendtagen beherrscht. „Damals musste jeder, der mähen konnte, auch dengeln können. Das erste Geräusch am Morgen klang durchs ganze Dorf: Die Sensen wurde im Morgengrauen gekloppt, dann ging es hinaus zum Mähen“, erinnerte sich der Wollersheimer Landwirt.
Ein Publikumsmagnet waren nicht nur der Gespannkorso an den Vormittagen der „Tag nach der Ernte“ und die Züge der Oldtimer-Traktoren am Nachmittag, sondern vor allem die Vorführungen tagsüber in der Baugruppe Niederrhein. Da waren Ochsen, Kühe, Esel und Kaltblutpferde bei der Arbeit zu bewundern - und zwar in den unterschiedlichsten Anspannungen, wie sie früher in Gebrauch waren.
Da waren nicht nur einspännig im Heuwender marschierende Westerwälder Kühe zu sehen, sondern auch Percherons im Zweierpack vor dem schweren Ackerwagen der Erftstädter Zuckerrübensteppe oder drei Pintos als Troika nebeneinander.
Christian Müller kam mit einem prächtigen Viererzug von Kaltblütern daher, nicht ganz ernst gemeint war die „Westerwälder Quadrille“ als Abschluss im Schauring: Museums-Landwirtschaftsmeister Gerd Linden nahm in einem Leiterwägelchen Platz, die umgedrehte Mistforke wie ein Zepter in der Hand, und vier blaugewandete Museumsbäuerinnen zogen ihn zum Gaudium der Besucher im Kreis herum.
pp/Agentur ProfiPress