Kreis Euskirchen - Wertvolle Hilfe in der Krise
Kölner Stadt-Anzeiger stellte das Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen vor – Ein Interview mit KID-Chefin Irmgard Bünder
Kreis Euskirchen – „Wenn der Rettungsdienst ausrücken muss, dann meist, weil etwas Unerwartetes passiert ist. Und in den seltensten Fällen bedeutet das etwas Positives. Gerade bei Verkehrsunfällen liegen oft schlimme Verletzungen vor, manchmal kommt es zum Tod eines Menschen“: So beginnt der Journalist Tim Nolden einen Bericht über den Kriseninterventionsdienst des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen (KID).
Nolden veröffentlicht den Report im Rahmen der Reihe „Ehrenamt“ im „Kölner Stadt-Anzeiger“ und verbindet ihn mit dem Appell, Freiwillige sollten sich beim Roten Kreuz melden. Ständig werden ehrenamtliche Helfer gebraucht und gesucht.
Wozu ist der Kriseninterventionsdienst des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen da? Um Unfallbeteiligte, Zeugen und auch die Rettungssanitäter selbst zu betreuen, die oft unter dem Katastrophen- oder Unfallszenario leiden. Besonders betroffen sind die Angehörigen, die einen plötzlichen Verlust verarbeiten müssen.
Rotkreuz-Frau Irmgard Bünder schreibt in einem Artikel: „Die Krisenintervention im Rettungsdienst betreut unverletzte Beteiligte und Angehörige bei akut psychisch traumatisierenden Unfällen, Notfällen und Katastrophen. Diese Form der Hilfe sollte möglichst unmittelbar nach dem Ereignis (peritraumatische Phase) einsetzen oder spätestens dann, wenn eine akute Belastungsreaktion auftritt.“
Bünder weiter: „Durch die frühzeitige Intervention der Kriseninterventionskräfte, die sich im Kreis Euskirchen 1999 unter dem Dach des Roten Kreuzes firmiert haben – und zwar im Ortsverein Zülpich-, wird den Betroffenen Raum für ihre Trauer verschafft, sie macht sie wieder handlungsfähig und beugt dadurch der Entstehung einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) vor.“
Deshalb arbeitet unter dem Dach des Roten Kreuzes im Kreis Euskirchen ein Kriseninterventionsteam, das in genau solchen Fällen schnelle psychologische Betreuung bietet. Wenn Rettungsdienst oder Polizei sehen, dass Angehörige oder anderweitig Betroffene eine Situation nicht selber verarbeiten können, wird das Team über die Rettungsleitstelle alarmiert.
„Wir haben 50 bis 60 Einsätze im Jahr“, sagte Irmgard Bünder dem Journalisten Tim Nolden. Die Betreuer rücken immer zu zweit aus. Aber natürlich nur, wenn die Betroffenen die Hilfe überhaupt haben wollen. Meist erkundigen sich Polizei oder Sanitäter vorher, ob diese Art Unterstützung gewünscht ist. Dennoch fragt Irmgard Bünder zu Beginn des Gesprächs noch einmal nach.
„Dann suchen sich die Helfer einen ruhigen Ort, an dem sie mit den Betroffenen sprechen können“, schreibt der „Kölner Stadt-Anzeiger“: Ein bis zwei Stunden dauere so ein Gespräch in der Regel. „Ziel ist es, den aufgewühlten Menschen zu helfen, ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen. Die Menschen stecken ja dann oft gefühlsmäßig im Chaos“, so Irmgard Bünder.
Die Helfer nutzen zur Unterstützung eine Gesprächstechnik, die sich „aktives Zuhören“ nennt. „Man wiederholt mit eigenen Worten, was der andere gesagt hat, und erklärt ihm, welche Gefühle man wahrgenommen hat“, so Bünder. Das hilft dem Gesprächspartner, sich über seine inneren Vorgänge klar zu werden.
„Es ist wichtig, dass die Betroffenen ans Reden kommen und nicht alles in sich reinfressen“, erklärte Bünder. Wenn die Krisenhelfer merken, dass die Gesprächspartner weiterführende Hilfe benötigen, stellen sie den entsprechenden Kontakt her.
Aber das sei nur ein Arbeitsbereich des Kriseninterventionsdienstes, schreibt der „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das Team biete neben der akuten Hilfe auch den Einsatzkräften Gesprächskreise an, in denen Sanitäter und Feuerwehrleute ihre Erfahrungen verarbeiten können.
Die 15 Mitglieder des Teams arbeiten allesamt ehrenamtlich. Für die Zukunft brauchen Irmgard Bünder und ihre Mitstreiter aber noch Unterstützung. Gesucht werden dafür Menschen, die psychisch belastbar sind, Einfühlungsvermögen und gute Kommunikationsfähigkeiten besitzen. Außerdem wäre Vorbildung im Trauerbereich, beispielsweise in der Trauerbegleitung, von Vorteil.
Klare Arbeitszeiten gibt es für das Team nicht. Es muss spontan ausrücken können, wenn es zu einem Notfall kommt. Neben den Einsätzen findet jeden Monat eine Besprechung statt, in der sich die Betreuer austauschen.
Wer neu in den Bereich einsteigt, besucht zuerst einen Lehrgang für Notfallseelsorge bei einer der Kirchen und wird später im Tandem mit einem erfahrenen Betreuer eingesetzt. Außerdem kann er in den Besprechungen von den „alten Hasen“ lernen. Interessenten können sich bei der Ehrenamtsbörse „Feder“ melden, die die Stellen vermittelt.
pp/Agentur ProfiPress