Mechernich - „Kleine Forscher“ sind die Fachkräfte von morgen
Gut besuchte Fachtagung mit 75 pädagogischen Kräften aus den Kitas, Grundschulen und OGS im Kreis Euskirchen – Landrat Günter Rosenke, DRK-Kreisverband und Regionales Bildungsbüro werben für frühkindliche Bildung im naturwissenschaftlichen Bereich – Grundschule Satzvey ist Vorbild in Sachen naturwissenschaftlicher Frühförderung
Euskirchen – Wenn es darum geht, schon kleine Kinder für naturwissenschaftliche Themen zu begeistern, kommt den Erzieherinnen und Lehrerinnen in den Kindertagesstätten, Grundschulen und offenen Ganztagsschulen (OGS) eine tragende Rolle zu. Und da liegt im Grunde das „Problem“: Es sind nahezu ausschließlich Frauen, die in den Einrichtungen mit den Kindern arbeiten, und diese fühlen sich subjektiv inkompetent, wenn es um Chemie und Physik geht.
„In den Kitas und Grundschulen sind vorwiegend Frauen tätig, die – vorsichtig ausgedrückt – nicht immer den direkten Zugang zu naturwissenschaftlichen Phänomenen haben“, traute sich Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker vor mehr als 70 Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen zu sagen, die zur Fachtagung „Haus der kleinen Forscher“ ins Euskirchener Kreishaus gekommen waren. Das durch Bettina Ismar vertretene Kommunale Bildungs- und Integrationszentrum des Kreises Euskirchen und der Rotkreuz-Kreisverband als Kooperationspartner hatten eingeladen, um bei den in der Frühpädagogik tätigen Kräften die Werbetrommel für die gemeinnützige Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ zu rühren. Diese bundesweit größte Frühbildungsinitiative will verhindern, dass Wirtschaft und Wissenschaft in Zukunft die Nachwuchskräfte ausgehen.
Die Frauen nahmen Klöcker die Bemerkung nicht übel und quittierten diese mit zustimmendem Gelächter. Zumal es sich dabei keinesfalls um ein männliches Vorurteil handele, wie Stiftungs-Mitarbeiterin Dr. Jutta Moschner betonte. „Im Primarbereich arbeiten mehr Frauen mit einer Hemmschwelle vor Chemie und Physik“, sagte die NRW-Länderreferentin. Mit der Fachtagung im Kreishaus wollten die Veranstalter dieser Scheu begegnen und zugleich eine Kooperation zwischen Kitas, Grundschulen und OGS anregen. Eingeladen wurden die Fach- und Lehrkräfte aus den 130 Kindertageseinrichtungen sowie den Grundschulen inklusive der Offenen Ganztagsgrundschulen im Kreis Euskirchen. Mit 75 Anmeldungen zeigte sich Rolf Klöcker sehr zufrieden: „Mit einer solchen Resonanz haben wir nicht gerechnet.“
„Die Gesellschaft hat Bedarf an Leuten mit einer naturwissenschaftlichen Ausbildung“, sagte Landrat Günter Rosenke, der die Fachtagung eröffnete. Den fürs Forschen unentbehrlichen Wissensdurst bereits im frühkindlichen Alter zu wecken, sei Aufgabe der Pädagogen, so Rosenke.
Backpulver, je ein paar Tropfen Spülmittel, Lebensmittelfarbe und Wasser in einen aus Knete geformten Krater gefüllt, ergeben einen prächtigen „Vulkanausbruch“. Gefilmt wurde das Experiment in der Dollendorfer Rotkreuz-Kindertagesstätte „Die kleinen Strolche“, einer von insgesamt 20 Einrichtungen im Kreis Euskirchen, die bereits das Zertifikat „Haus der kleinen Forscher“ erworben haben.
Die Aufnahmen führten den Teilnehmerinnen vor Augen, wie spielerisch und keineswegs hochwissenschaftlich die von der Stiftung propagierte naturwissenschaftliche Bildung in den Kitas und Grundschulen vonstattengeht. „Das Entscheidende unseres Auftrages ist nicht der Lernerfolg, sondern bis zum Ende der Grundschulzeit die Freude am Forschen zu wecken. Später ist diese Begeisterung nur ganz schwer nachzuholen“, sagte Schulrätin Bärbel König, die sich ebenfalls für eine Kooperation mit der Stiftung stark machte. „Aber dann wissen die das doch schon“, sei ein häufig gehörtes Gegenargument von Grundschullehrkräften, die eine Kollision mit dem Lehrplan im Fach Sachkunde befürchten. Doch was gebe es an Wissen auszusetzen, lautete Königs rhetorische Gegenfrage.
Geradezu vorbildlich ist im Bereich der MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) -Förderung die Grundschule Satzvey aktiv. Schulleiter Stefan Plack und zwei Lehrerinnen berichteten von den Projekten. Die Grundschule Satzvey ist nicht nur seit 2009 eine von 13 „Prima(r)forscher“-Schulen in Nordrhein-Westfalen, sondern nimmt im Kooperationsverbund mit der Kita Satzvey und dem Mechernicher Gymnasium Am Turmhof am Projekt „MINTeinander“ der Deutschen Telekom-Stiftung teil und ist darüber hinaus zertifizierte „Schule im Nationalpark Eifel“.
Im Anschluss an die verschiedenen Vorträge wurde in drei Gruppen diskutiert. Übereinstimmend äußerten die Teilnehmerinnen – und die drei einzigen männlichen Teilnehmer – den Wunsch, in kleinen Schritten vorzugehen. Vielfach wurde geäußert, dass es noch an den idealen Rahmenbedingungen fehle. Übereinstimmend befürworteten die Teilnehmerinnen aber die von den Tagungs-Veranstaltern angeregte bessere Kommunikation von Kitas, Grundschulen und OGS untereinander. Hier gelte es, bestehende Strukturen aufzubrechen, etwa in Form von gegenseitigen Hospitationen.
Das Regionale Bildungsbüro des Kreises Euskirchen und der Rotkreuz-Kreisverband sind die lokalen Netzwerkpartner der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. Das Netzwerk, dessen offizieller Koordinator vor Ort Rotkreuz-Kreisgeschäftsführer Rolf Klöcker ist, bietet in diesem Jahr sechs Workshops an und steht den pädagogischen Fachkräften als Ansprechpartner zur Verfügung. „Wir suchen derzeit auch Trainer und Trainerinnen“, sagte Rolf Klöcker. Bisher sei man mit sechs Trainerinnen sehr gut aufgestellt gewesen, von diesen würden jedoch drei aus familiären Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen. Klöcker verwies auch auf die „hervorragende Internetpräsenz“ der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“.
Es gab viele gute Gespräche untereinander, Probleme wurde erörtert“, resümierte Bettina Ismar am Ende der Veranstaltung, „damit ist heute der erste Schritt in Richtung Vernetzung getan worden.“
pp/Agentur ProfiPress