"Prag im Herbst 1989" - Teil 5 - Die Ordnung löst sich langsam auf...
Montag, den 25.9.89
7:00 Uhr
Aufstehen, Brenner an
7:30 Uhr
Frühstück
12:00 Uhr
Mittagessen, Gulasch + Kartoffelpüree + 2 Joghurt + 1 Mineralwasser, morgens waren 950 Personen registriert - ca. 1.200 Essen ausgegeben.
19:30
Dienstende
Bemerkungen: Die Ordnung löst sich langsam auf. Da die Zelte im Garten nicht mehr ausreichen, werden Betroffene in dem überdachten Teil des Hofes untergebracht.
Dadurch bricht die Selbstversorgung morgens und abends durch die eigene Leitung der Betroffenen, die überfordert ist, langsam zusammen.
Es hat heute das erste Mal geregnet!
Wir haben jetzt damit begonnen, Kaffee und Tee zu zubereiten in ausreichender Menge, besonders für die Betroffenen im Hof. Die anderen kochen noch in ihren Zelten auf den Ölöfen.
Die Botschaft verfügt über einen 80.000 Liter Tank mit Heizöl. Unsere 600 Liter Diesel werden zur Betankung des Versorgungsfahrzeuges genommen. Der FKH (Feldkochherd) und die Ölöfen werden von dem Kellertank versorgt.
Heute 2. FKH + 3 Personen + 10.000 Essen nachgefordert.
Die Betroffenen werden erstmalig im Hauptgebäude untergebracht, im Kuppelsaal und auf dem Treppenaufgang.
Dienstag, den 26.9.89
7:00 Uhr
Aufstehen, "Peter; Mach die Brenner an."
7:30 Uhr
Frühstück für uns - fällt aus, keine Zeit!
13:00 Uhr
Mittagessen, Erbsensuppe + Knackwurst + 2 Joghurts, gemeldete Personenzahl 1.150, ca. 1.300 Essen ausgegeben.
19:30 Uhr
Dienstende - offiziell Küche zu -
21:00 Uhr
1.404 Personen im Gelände.
Bemerkungen: Das Glyzerinbad ist undicht. Je mehr wir kochen desto schlimmer wird es. Kompletter Gewindestutzen + Temperaturanzeige undicht, sämtliche Versuche eine Abdichtung zu erreichen sind gescheitert., langsam verkokelt alles, Glas ist schon geschmolzen.
Trotz hochgerollter Seiten- und Vorderwände (des Küchenzeltes) ist es im Zelt nicht auszuhalten, Augen tränen ständig und Kopfschmerzen stellen sich ein.
Wir sind auf Bestreben de Hausmeisters in den Aufenthaltsraum der Putzfrauen umgezogen. Dort haben wir fünf Minuten probeliegen durchgehalten. Danach sind wir wieder auf den Flur gezogen. (Kühlschrank springt alle paar Minuten an, ebenso die Heizungsanlage für die gesamte Botschaft, Telefonanlage der Pforte ist zu hören.)
Wir sind so aufgewühlt von den Ereignissen, das wir 3 Stunden nicht einschlafen können.
Heute war Prof. Vogel (Unterhändler der DDR) da, 140 Personen sind auf sein Angebot eingegangen und haben die Botschaft in Richtung DDR verlassen. Morgen kommt er wieder.
Hoffentlich kommt morgen auch die 2. Küche!
Durchgehend Getränke, Mittagessen, Getränke bereitgestellt!
Teller und Tassen reichen nicht mehr aus, Einmalgeschirr wird weggeworfen. Konservendosen finden an der Küche reißenden Absatz als Tellerersatz. Joghurtbecher und Kaffeegläser müssen als Tassenersatz herangezogen werden.
LKW mit Zelten aus Wolfshagen eingetroffen.